(in: BAUKULTUR 4_2018, S. 9)
Nach dem 1. erfolgreichen Aschaffenburger Wohnungsbauforum im November 2016 hatte der AIV Aschaffenburg am 24.4.2018 erneut zu einem Forum eingeladen. Der Wohnungsmarkt der 70.000 Einwohner zählenden Stadt Aschaffenburg ist trotz steigender Baufertigstellungen und zahlreicher Projektentwicklungen angespannt. Die Bevölkerungsentwicklung des Oberzentrums verläuft positiv, auch weil Aschaffenburg in der Metropolregion Frankfurt RheinMain gute Zukunftschancen eingeräumt werden. Bilanz ziehen war daher eine zentrale Fragestellung des 2. Aschaffenburger Wohnungsbauforums.
Rund 120 Teilnehmer aus allen Bereichen des Bauwesens, der Banken, sozialer Institutionen und der Politik diskutierten darüber, ob die Weichen für mehr bezahlbaren Wohnungsbau in der Stadt Aschaffenburg und der Region des Bayerischen Untermains richtig gestellt werden konnten. Das 2. Aschaffenburger Wohnungsbauforum diskutierte diese Fragestellung aus den Blickwinkeln der Projektentwicklung, des sozialen Wohnungsbaus, des Mietmarktes und aus der Perspektive der Immobilieneigentümer. Auf dem Podium saßen Hellmut Metzing, MIB-Wohnbau Aschaffenburg GmbH, Jürgen Steinbach, Stadtbau Aschaffenburg GmbH, Marc Faust, Haus- und Grundbesitzerverein Aschaffenburg und Umgebung e.V. und Christof Walter, Deutscher Mieterbund Aschaffenburg und Umgebung e.V.
Podiumsteilnehmer des 2. Aschaffenburger Wohnungsbauforums (v.l.n.r.): Bernd Keßler, Armin Eisert, Marc Faust, Christof Walter, Jürgen Steinbach, Hellmut Metzing
Bernd Keßler, der 1. Vorsitzende des AIV Aschaffenburg und Stadtentwicklungsreferent der Stadt, verdeutlichte, dass der Wohnungsbau sich verstärkt den Schwellenhaushalten zuwenden muss, da diese aufgrund der explodierenden Mieten und stark gestiegener Baukosten immer mehr Schwierigkeiten bekommen, sich angemessen mit Wohnraum zu versorgen. Dirk Kleinerüschkamp, Vorstandsmitglied des AIV Aschaffenburg und Leiter des Stadtplanungsamtes, stellte bilanzierend fest, dass die in Aschaffenburg bereits in Bau und Planung befindenden Projekte nicht ausreichen, den Wohnungsbedarf bis 2030 zu decken. Er liegt bei ca. 4.000 neuen Wohnungen. Der Bereitstellung von Bauland und der Nachverdichtung muss daher höchste Priorität eingeräumt werden. Nicht vernachlässigt werden darf aber auch die Bestandspflege bestehender Quartiere, die kostengünstige Wohnungen bieten. Die Bestandshalter, insbesondere die Wohnungsbaugesellschaften, müssen verstärkt in die Modernisierung und Wohnumfeldgestaltung investieren.
Moderiert wurde die Veranstaltung durch Armin Eisert, den früheren Geschäftsführer der IHK Aschaffenburg. Bei der lebhaften Diskussion der Podiumsteilnehmer wurden die stark steigenden Baulandpreise kritisiert. Flächenknappheit führt zu einem so starken Preiswettbewerb, dass kostengünstiger Wohnungsbau oft nicht mehr möglich ist. Die Teilnehmer plädierten daher übereinstimmend für eine Reform der Bodenpolitk. Die Wohnungsfrage ist allerdings nicht ausschließlich eine Frage des Neubaus. Der Bestandspflege muss künftig noch mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Der Haus- und Grundbesitzerverein Aschaffenburg und der Deutsche Mieterbund Aschaffenburg setzen sich daher für ein nachvollziehbares und justiziables Mietrecht ein.
Eine Erklärung des AIV Aschaffenburg anlässlich des 2. Wohnungsbauforums benennt Prinzipien und Ziele, von denen sich die Teilnehmer eine Stärkung des Wohnungsbaus versprechen:
Erklärung des AIV Aschaffenburg anlässlich des 2. Wohnungsbauforums
- Es muss – vor allem in den Ballungsräumen – mehr und dichter gebaut werden. Aschaffenburg ist Bestandteil eines solchen Raumes.
- Es braucht eine größere Vielfalt an Wohnungen.
- Wohnungen für so genannte Schwellenhaushalte müssen verstärkt gebaut werden.
- Die technischen und energetischen Vorgaben für den Wohnungsbau müssen für die nächsten 10 Jahre reduziert werden.
- Der Mieterschutz muss gelockert werden, damit Vermieten für private Vermieter attraktiv bleibt.
- Das Mietrecht muss für jedermann verständlich und durchschaubar sein.
- Das Bauland für bezahlbaren Mietwohnungsbau muss verbilligt werden. Das Erbbaurecht sollte wieder verstärkt zur Anwendung kommen.
- Das Wohnungsproblem kann nur mit einer veränderten Bodenpolitik gelöst werden. Es braucht öffentliche Bodenbevorratung und eine Grundsteuerreform, die verhindert, dass fertiges Bauland nicht genutzt wird.