Berlin, im September 2017
Förderung des öffentlichen Bewusstseins für die Kultur des Bauens
- Der DAI hat sich ausdrücklich der Förderung des öffentlichen Bewusstseins des Planens und Bauens als Kulturgut verschrieben
- Er unterstützt damit alle Bestrebungen, von staatlichen Förderprogrammen bis zu Bürgerinitiativen, die sich der „Baukultur" verschreiben
- Die Konzeption und der öffentliche Umgang mit der Kultur des Planens und Bauens hat einen direkten Einfluss auf die Zukunft unserer Städte, Landschaften und damit auch auf die Lebensqualität der Bürger – in Deutschland und darüber hinaus
- Eine gezielte Auswahl und Förderung von Projekten nicht nur unter Kriterien der Wirtschaftlichkeit, sondern explizit im Sinne der Identitätsbildung und -wahrung
- Unter diesem Aspekt muss auch die Pflege des baukulturellen Erbes stärker thematisiert werden
- Besonders vor dem Hintergrund des demographischen Wandels ist es essentiell, dass Thema Stadtentwicklung für Jung und Alt attraktiv zu gestalten
- Daher setzt sich der DAI für eine nachhaltige und zukunftsfähige Baukultur und für eine angemessene Aufstockung öffentlicher Mittel im Bereich der Städtebauförderung im Bundeshaushalt ein
- Wichtig ist, dass:
- Die Gemeinnützigkeit des Bauens von öffentlicher Hand anerkannt wird
- An Planung und Bau beteiligte Professionen und Instanzen stärker zusammengeführt werden
- Ein offener Architektenwettbewerb gefördert wird
- Nicht-investive Mittel, insbesondere zur Unterstützung von Bürgerinitiativen genutzt werden
- Die Baukultur im öffentlichen Raum nachhaltig und energie-effizient gestaltet wird
- Städte verdichtet und zukunftsfähig gestaltet werden
- Einer Zersiedlung im Interesse der Umwelt entgegengewirkt wird
Wahrung und Förderung des Architektenwettbewerbs
- Der DAI setzt sich mit Nachdruck für die Bedeutung des Wettbewerbs für planende und bauende Berufe ein
- Dem zunehmenden Trend zum Rückgang ordentlich geförderter und jurierter Wettbewerbe muss konkret begegnet werden
- Nur durch den Wettbewerb wird die Innovation, Nachhaltigkeit, und Kosteneffizienz gefördert
- Denn nur durch die Konkurrenz im offen und nicht offenen-Wettbewerb bilden sich nachhaltige Konzepte transparent und kostengünstig heraus
- Also muss, gerade in Hinsicht auf das Vergaberecht, der Gesetzgeber mit gutem Beispiel voran gehen, um die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen
- Auch öffentlichkeitswirksame Maßnahmen, wie der vom Bundesministerium für Umwelt und Bauen ausgerufene Tag der Städtebauförderung, werden vom DAI begrüßt, um die Wertschätzung der schaffenden Berufe im Bereich des Planens und Bauens in der Gesellschaft zu erhöhen
Für ein maßvolles Planen und Bauen - DAI Erklärung anlässlich des DAI Tages in Münster vom 22.-24.9.2017
Die Baubranche steht wie alle Wirtschaftszweige vor großen Herausforderungen: Wohnungsun-terversorgung, demographischer Wandel, Energiewende, Klimawandel, Digitalisierung – das sind die Schlagworte unserer Tage und die uns herausfordern. Architekten und Ingenieure sind hierbei entscheidende Akteure.
Das gesammelte Know-how der planenden Berufe muss in die Gestaltung und den Erhalt unse-rer gebauten Umwelt einfließen. Ressourcen schonend einzusetzen und trotzdem das Bewusst-sein für eine anspruchsvolle Planungs- und Baukultur im Auge zu behalten, ist ein hoher An-spruch. Architekten und Ingenieure tragen hierbei eine große Verantwortung, zu der sich auch und gerade die Mitglieder des DAI bekennen.
Wir stellen fest, dass seit Jahren die Bautätigkeit insbesondere am Wohnungsmarkt dem Bedarf nicht folgen kann. Das trifft besonders auf das Segment der „bezahlbaren“ Wohnungen zu. Im Luxusbereich kennen wir das Problem weniger. Es gibt eine Vielzahl von Gründen, warum die Preise steigen bzw. Angebot und Nachfrage auseinanderklaffen. 1) Bodenpreise und Bauland: Immer mehr Menschen ziehen in die Städte, damit steigt der Druck in Ballungsgebieten. Die Baulandpreise sind insbesondere in den großen Städten in den letzten 16 Jahren um fast 50% gestiegen. 2) Durch niedrige Zinsen am Kapitalmarkt fließt viel Geld in Immobilien als vermeint-lich sichere Geldanlage. 3) Der Eigenbedarf an Wohnraum steigt kontinuierlich, wurden 1950 noch 14qm/Person statistisch beansprucht, so lag der Wert 2013 schon bei über 45qm. 4) Die Anzahl der Wohnungen, die aus der sozialen Förderung fallen, nimmt von Jahr zu Jahr zu. Hier wurden 1990 noch ca. 3 Mio. Wohnungen verzeichnet. 20 Jahre Später waren es nur noch halb so viele. 5) Energetische und technische Auflagen verteuern das Bauen zudem enorm. 6) Die Einkommensentwicklung konnte mit der Baupreissteigerung in den vergangenen gut 20 Jahren nicht mithalten. Somit können sich viele Menschen Eigentum bzw. hohe Mieten aufgrund von Umlagen nicht leisten.
Der DAI begrüßt daher die Anstrengungen, die im Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen und damit in der Baukostensenkungskommission unternommen wurden. Im Ergebnis sind wir zwar der Erkenntnis ein Stück nähergekommen, das Problem allerdings bleibt bestehen: Bis 2021 fehlen pro Jahr in Deutschland gut 380.000 zusätzliche Wohnungen bei einem aktuellen Fertigstellungsstand von ca. 270.000 in 2016. Macht also ein Delta von 110.000 Minimum.
Unter Wahrung des unbedingten Vorrangs der Baukultur, müssen wir das Thema serielles Bau-en rascher vorantreiben, wo Prototypen in relativ kurzer Zeit an verschiedenen Orten zum Ein-satz kommen und somit die Zeit bis zur Fertigstellung stark verkürzt wird. Dabei muss natürlich der Ortsbezug gewahrt bleiben, nicht jedes ingenieurtechnische Produkt ist an jeder Stelle ver-träglich. In den Ballungszentren muss eine Baulandsteuer eingeführt werden. Baugrund, mit dem nur spekuliert wird, auf dem aber kein (Wohn-)Gebäude entsteht, wirkt kontraproduktiv. Parallel müssen die Kommunen mehr Bauland mit entsprechenden Auflagen ausweisen. Schließlich fordert der DAI beim Thema energetische und technische Gebäudeausrüstung Maß zu halten. Es braucht keine weiteren Energieeinsparungsvorschriften. Der Aufwand, die letzten 10% Effizienzpotenzial zu heben, ist mit einem enormen Kosteneinsatz verbunden. Die Prozes-se der Digitalisierung müssen zudem den Planern helfen, rasch und unkompliziert ihre architek-tonischen Entwürfe umzusetzen. Hier sind einheitliche Standards erforderlich, damit sich alle am Bau auf ihren ureigenen Bereich konzentrieren können: Die Architekten und Planer auf die Ent-würfe sowie deren Umsetzung und die Ingenieure auf die Statik, Bauausführung und -überwachung.
Modernisierung des deutschen Vergaberechts im Zuge der EU-Vergaberichtlinien 2014 - mit Inkrafttreten der neuen Vergaberichtlinien am 18. April 2016 wurden einige Forderungen erfüllt, andere nicht. Eine Stellungnahme verfasst der DAI bei seinem diesjährigen DAI Tag vom 23.-25.9. in Aschersleben
- Entsprechend des Gemeinsamen Positionspapiers der Kammern und Verbände der planenden Berufe positioniert sich der DAI mit klaren Forderungen zu der geplanten Reformation des Vergaberechts in Deutschland:
- Die Sonderstellung der Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen, VOF, muss erhalten bleiben
- Das Verhandlungsverfahren in der Vergabe muss bestehen bleiben; dieser Schritt ist nicht nur im Interesse des öffentlichen Auftraggebers aufgrund der Sicherstellung von Effizienz und Leistung, sondern auch deckungsgleich mit den Absichtserklärungen der EU-Vergabereform
- Ebenfalls muss der Planungswettbewerb als Regelverfahren etabliert werden; nur durch einen uneingeschränkten Wettbewerb bilden sich die sowohl ökonomischsten als auch innovativsten Vorschläge auf kostengünstige Art und Weise für den Auftraggeber heraus; Außerdem wird so auch der Mittelstand, Gründergeister und die Innovation sichergestellt und gefördert.
- Im direkten Bezug auf den vorherigen Punkt steht ebenfalls die Konzeption von Zugangskriterien: diese müssen so aufgestellt werden, dass sie insbesondere den Einstieg von Klein- und Mittelständischen Unternehmen ermöglichen; Eignungskriterien wie etwa ein 6-stelliger Mindestumsatz oder eine geforderte Mitarbeiterzahl steht im Gegensatz zu den Absichten aller Beteiligten.
- Letztlich muss die Eigenständigkeit von Planungsleistungen aus verschiedenen Fachbereichen weiterhin in der Vergabe als solche anerkennt werden; Eine Addition der Auftragssummen der verschiedenen Planungsaufträge wäre nicht nur absolut sachfremd, sondern würde auch in der Praxis zu erheblichen Aufwendungen für Auftraggeber und Bewerber führen
„Hannoveraner Erklärung“ zu einer WillkommensBaukultur und einem nachhaltigen Wohnungsbau (DAI Tag 2015)
Die Architekten- und Ingenieurvereine als Mitglieder des Verbandes Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine (DAI) haben sich auf dem DAI Tag vom 25.-27. September 2015 in Hannover mit der Frage beschäftigt, welchen Beitrag Architekten und Ingenieure zur Bewältigung des strukturellen Wohnraummangels und des akuten Wohnraummangels aufgrund der Situation, dass Hundertausende Menschen zu uns kommen, leisten können.
Unser Beitrag ist die WillkommensBaukultur, die zunächst und in erster Linie den aus der Not zu uns kommenden Menschen zugutekommt. Sie muss darüber hinaus aber auch denjenigen eine Willkommensbotschaft zurück in unsere Gesellschaft bieten, die sich – aus welchen Gründen auch immer – derzeit in ihr nicht wiederfinden und zunehmend an den Rand gedrängt werden. Wissenschaftlich untermauerte Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland allein strukturell rund 400.000 Wohnungen pro Jahr für die nächsten 5-6 Jahre fehlen. Hinzu kommt eine große Zahl von Schutzsuchenden, die ebenfalls ein Anrecht auf menschenwürdigen Wohnraum haben und nicht Zuwanderer in Zelten oder Containern sein dürfen. Hier gilt es, den Integrationsaspekt von Anfang an mitzudenken. Dies setzt beim Planen und Bauen grundsätzliches Umdenken und klare Prioritätensetzungen voraus: Bestandsbauten unterschiedlichster Art nutzen und aufwerten, innerstädtisch angemessen verdichten, Aufstockungsmöglichkeiten mit innovativen Leichtbauweisen nutzen und schließlich auch Neubau in den Peripherien. Ich bin mir sicher, dass die Planenden und Bauschaffenden im Land dies in konzertierter Aktion schaffen können – wenn nicht wir, wer dann?
Die Herausforderungen:
- Bedarf: bis zu 400.000 Wohnungen fehlen strukturell in den nächsten fünf Jahren pro Jahr in Deutschland, macht 2 Mio. insgesamt bis 2020
- Zuzug: ca. 1. Mio. (+X) Flüchtlinge allein in 2015
Antworten:
- Aktivierung des Leerstands, Aufstockung sowie Verdichtung im Bestand und erst dann peripherer Neubau.
- Finanzierung: Gerechte Verteilung auf Bund, Länder, Kommunen und Private
- Unterbringung nicht nur temporär schaffen, sondern nachhaltigen Wohnraum schaffen (notdürftige Zeltbehausungen und Container sind ein Zumutung für alle Beteiligten)
Die TU Darmstadt (VHT – Versuchsanstalt für Holz- und Trockenbau) hat eine Studie veröffentlicht, der folgende These vorangeht: Der Bedarf an ca. 2 Mio. Wohnungen in Deutschland kann:
- im innerstädtischen Bereich
- kostengünstig
- energieneutral
- ohne zusätzliche Flächenversiegelung
- mit gleichzeitiger baukultureller Verbesserung
gedeckt werden. Die zentralen Begriffe lauten Nachverdichtung und Aufstockung.
Forderung Außerdem: Moratorium für Vorschriften.
- Erleichterung bei Genehmigungsverfahren im sozialen Wohnungsbau,
- Nachrüstung von Gebäuden auf EnEV-Standards binnen 10 Jahren, nicht alles sofort umsetzen sowie
- Mietrechtsanpassung (kein Leerstand für Spekulation, temporäre Vermietung ohne Eigennutzungsnachweis)
Diesen Ansatz wird der DAI tatkräftig unterstützen und mit vorantreiben. Mittel- und langfristig tragen wir alle die Verantwortung für unsere gebaute Umwelt und wie wir diese den nachfolgenden Generationen hinterlassen. Es ist unsere Aufgabe, so effizient wie möglich mit den eingesetzten Ressourcen umzugehen und damit wirtschaftlich, umweltverträglich und sozialpassend zu arbeiten. Ein Beitrag dazu ist zweifelsohne eine ernst gemeinte WillkommensBaukultur. Darauf müssen sich Politik, Verbände und Kammern gemeinsam verständigen.
Fachkräftemangel und „Augsburger Erklärung"
- In der sogenannten Augsburger Erklärung, verabschiedet auf dem DAI Tag am 27. September 2014, positioniert sich der DAI klar gegen eine weitere Verkürzung und industriellen Optimierung der Ausbildung zukünftiger Architekten und Ingenieure
- Zu oft müssen Absolventen „neu" ausgebildet werden, um den Ansprüchen der jeweiligen Stelle gerecht zu werden – mit Spezialisierungen sind viele Berufsanfänger auf die vielen generellen kreativen und ausführenden Aufgaben eines Planers, Architekten oder Bauingenieurs nur unzureichend vorbereitet
- Die zunehmende Spezialisierung, auch wenn auf den ersten Blick durch Beschaffenheit der heutigen Baubranche sinnvoll, bringt keine baubefähigten, kreativ-kompetenten Planer hervor
- Der DAI kritisiert die „Zerfaserung" des Architekten und Ingenieurberufs, die durch die Wechselbeziehung von klassischer Architektur und zunehmender Spezialisierung entsteht
- Der zunehmenden Verzerrung der Ingenieurs- und Architektenausbildung, begründet in scheinbar zeitgemäßen Anforderungen in Form von verkürzte Ausbildungsdauer und zunehmender Spezialisierung, muss bildungspolitisch begegnet werden
- So setzt sich der DAI verstärkt dafür ein, dass Ausbildungsstätten ihre Curricula in enger Abstimmung mit praktisch arbeitenden Planungsbüros aufbauen und ggf. neu strukturieren – Theorie und Praxis somit enger verzahnt werden
- Das Ziel der Ausbildung sollte sein: Ein möglichst universell ausgebildeter Mensch, der aufgrund seines erworbenen Know-hows in der Lage ist, sich in komplexe Zusammenhänge einzuarbeiten und schwierige Problemstellungen vollständig alleine zu lösen
Vertragsverletzungsverfahren der EU in Bezug auf die HOAI
- Der DAI kritisiert das von der EU-Kommission gestartete Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland aufgrund der Honorarordnungen der freien Berufe, u.a. der Architekten und Ingenieure (HOAI), vom 18. Juni 2015
- erneute Stellungnahme seitens des Verbändegesprächs im Frühjahr 2016 - Verfahren ist laufend
- Die HOAI und andere Regularien im Bereich der freien Berufe sind nicht etwa eine Bremse, sondern wichtige Garanten für die Qualitätssicherung der Serviceleistungen „Made in Germany" und damit relevanter Faktor des Wirtschaftsstandorts Deutschland
- Auch wenn die HOAI schon oft Gegenstand der politischen Auseinandersetzung war, so haben doch zahlreiche juristische Gutachten (u.a. des Deutschen Bundestages), die EU-Rechtskonformität bestätigt
- Aus diesen Gründen hat sich der DAI ausdrücklich dem Ziel verschrieben, der Bundesregierung das nötige Material und die notwendigen Informationen für eine erfolgreiche Verteidigung der HOAI und weiterer Regularien der freien Berufe in Deutschland an die Hand zu geben
Öffentliche-Private Partnerschaften (ÖPP)
- Nicht zuletzt auf aufgrund der zahlreichen Negativbeispiele in der öffentlichen Debatte der letzten Jahren setzt sich der DAI für ein, das Schattenhaushalte bei ÖPP-Projekten in Deutschland transparent gemacht werden – ähnlich wie es in Frankreich seit einigen Jahren vorgeschrieben ist
- Vor allem zwei Facetten der ÖPP stehen im Vordergrund: Die Finanzierungs- und die Planungsseite
- Im Bereich der Finanzierung fehlt es den ÖPP-Projekten maßgeblich an Transparenz: ohne die Auflistung der tatsächlichen Kosten der Projekte in den Haushalten ist eine echte Effizienzkontrolle nicht möglich
- Diese fehlende Transparenz liefert starke Anreize für eine geschönte Kostenkalkulation während der Planung, was wiederholt in der Realität zu echten Kostenfallen geführt hat
- Die komplette Auslagerung der Planung, des Baus und des Betriebs im Kontext von ÖPPs führt zu einem Erfahrung und Know-how-Verlust in der öffentlichen Verwaltung, der dazu führt, dass seitens öffentlicher Auftraggeber zunehmende qualifiziertes Fachpersonal fehlt, das wiederum Planungen fachlich richtig und qualitätsvoll beurteilen kann
- Es geht dem DAI nicht um die pauschale Ablehnung von ÖPP-Projekten, sondern darum vollständige (finanzielle) Transparenz und einen offenen Planungswettbewerb zu bekommen