Helle Hülle

Online-Weinhandlung in Stuttgart
(in: BAUKULTUR 1_2021, S. 20-21)

Ein ungewöhnliches offline-Gebäude entwarf das Stuttgarter Büro Hippmann Architekten BDA für die online-Weinhandlung „club traube“. In der gesichtslosen Peripherie des Stuttgarter Ostens gelang eine reduzierte und wirtschaftliche Lösung mit Betonfertigteilen, die gerade deshalb eine akzentuierte Landmarke setzt.

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Anlass für den Neubau war die Zusammenführung dreier Standorte, auf die sich das Unternehmen zuvor verteilte und deren Weiterführung wegen des hohen Wachstums nicht mehr sinnvoll war. Dabei waren konkrete Anforderungen an die Büroarbeitsplätze, das Lager, die Logistik und die Verpackung zu erfüllen. Das etwa 3.000 m2 große Grundstück befindet sich an einer großstadttypischen Einfallstraße im so genannten Schlachthofareal am Gaskessel, umgeben von Gewerbebauten, Autohäusern, Kraftwerken und Stadtbahntrassen. Bei der Entwicklung des künftigen Unternehmensbildes arbeiteten die Architekten gemeinsam mit dem Team von Projekttriangle Design Studio aus Stuttgart.

Wein im Fokus
In dem Neubau sollte die gesamte Produktpalette von derzeit 800 Weinen real abgebildet werden. Materialien, Farben, Öffnungen und Bauelemente wurden daher auf das Minimum reduziert, um so den Fokus auf das Produkt Wein und das Unternehmen zu richten. Diese Haltung wurde sowohl in den Innenräumen als auch in den Außenbereichen konsequent fortgesetzt.

Innere Organisation
Das Gebäude gliedert sich in den Bürotrakt, den Veranstaltungsraum und den Bereich Lagerung/Logistik. Die gesamte Nutzfläche umfasst rund 1.200 m2, zwei Drittel davon gehören zum Lager. Herzstück ist der von Sichtbetonwänden umgebene Weinraum, in dem an einem langen Holztisch die Verkostungen stattfinden. Der etwa 7 m hohe Raum kann auch für private Veranstaltungen gebucht werden.

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Betonfertigteile und Ortbeton
In der Entwurfsplanung favorisierten die Architekten schon früh eine Lösung aus Betonfertigteilen und Ortbeton. Dazu gingen sie die Systeme durch und wählten die Bauteile in den Abmessungen, die sie benötigten und die am wirtschaftlichsten sind. Schließlich entschieden sie sich für quadratische Öffnungen, die hier die Maßstabslosigkeit und die Farblosigkeit der Umgebung berücksichtigen. Die Fenster sind so platziert, dass immer wieder besondere Durchblicke und Sichtachsen entstehen. So fanden die Architekten auch die eher unauffällige Lösung, den Neubau komplett und konsequent im Grauton des Betons (RAL 7032) zu gestalten. „Wir haben mit dieser Vorgehensweise eine bewusste Architektur für das Gebäude geschaffen und verzichten auf jegliche Art von Werbung“, erklärt Hippmann. An der Fassade befindet sich deshalb auch nur der Schriftzug „club traube“ in Messing-Buchstaben.

Baukonstruktive Details
Die Außenwände bestehen aus einer tragenden, 20 cm starken Innenschale aus C 40, 12 cm Dämmung (Styrodur) und einer 8 cm starken Außenschale, was im Ergebnis für eine 40 cm starke Außenwandkonstruktion sorgt. Auch die tragenden Innenwände bestehen aus Ortbeton bzw. Fertigteilen. Nur einfache Trennwände wurden in Trockenbauweise ausgeführt und in betongrau gestrichen. Die Bodenplatte ist aus etwa 35 cm starkem Ortbeton und nimmt die Industrieheizung auf. Und sogar die Sanitärräume mit Waschbecken und Toiletten sind aus Beton.

Gleichmäßige Weintemperatur
Die Lagerung von Wein erfordert ein gewisses Temperaturfenster, in dem Schwankungen nur langsam verlaufen dürfen, um die Qualität des Produktes nicht zu gefährden. Die sehr großen Oberflächenanteile von Beton und die entsprechenden Materialstärken ermöglichen dies ohne Einsatz einer technischen Kühlung. Insofern stellte die Betonweise für die im club traube ausgestellten Produkte die optimale Lösung dar.

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