Kulturzentrum in Schweden
(in: BAUKULTUR 3_2022, S. 22-23)
Das von White Arkitekter entwickelte Sara Kulturzentrum im schwedischen Skellefteå beherbergt die Stadtbibliothek, zwei Kunstgalerien, sechs Theaterbühnen, ein Konferenzzentrum, Restaurants, ein Hotel und eine Wellnesseinrichtung. Das 20-geschossige Gebäude verbindet Tradition mit moderner Technologie und lokalem Kulturerbe. Es wurde mit einer fast vollständig aus Holz bestehenden Struktur realisiert.
Für den Neubau des Kulturzentrums war eine Vielzahl innovativer Lösungen notwendig, um verschiedene Herausforderungen im Hinblick auf die Spannweiten des Bauwerks, die geforderte Flexibilität, die Gebäudeakustik und die Gesamtstatik des Massivholzbaus zu erfüllen. Das Ergebnis ist ein 75 m hoher Gebäudeturm, für den vorgefertigte 3D-Module aus Brettsperrholz zwischen zwei Aufzugskernen aus kreuzweise verleimten Holzplatten (CLT) aufeinandergestapelt wurden. Der den Komplex ergänzende Flachbau basiert ebenfalls auf Stützen, auf Trägern sowie auf Wandscheiben aus Brettsperrholz.
Gruppierte Individuen
Architektonisch verfolgt das Kulturzentrum die Idee, dass die verschiedenen Gebäudekörper eine Gruppe von Individuen darstellen, die miteinander agieren und aufeinander reagieren. Holzprofile unterstreichen die Vertikalität des Bauwerks, während die großen Glasflächen Passanten animieren sollen, die Räumlichkeiten zu betreten.
Das richtige Material am richtigen Ort
Das Skellefteå-Gebiet ist ein wichtiger Standort der schwedischen Holzindustrie. Die großen Waldgebiete und das Interesse an einer Materialoptimierung führten daher fast selbstverständlich dazu, dass das Kulturzentrum aus Holz erstellt wurde. Für die Aufzugskerne und -schächte, Pfeiler und Bodenträger
sowie für diverse andere Bauteile kam Fichtenholz zum Einsatz. Um die Fassaden des Neubaus vor Fäulnis und Pilzbefall zu schützen, wurden sie mit einem Mittel imprägniert, das keine Schwermetalle oder organische Lösungsmittel beinhaltet.
Baulicher Wetterschutz
Das Hochhaus erhielt darüber hinaus eine zweischalige Außenhaut. Die äußere transparente Schale wurde so gestaltet, dass sie die dahinterliegende Holzstruktur nicht komplett verdeckt. Sie dient als zusätzlicher Wetterschutz und trägt im Sommer dazu bei, dass die sich an der Fassade bildende Wärme leichter abströmen kann. Im Winter verhält sie sich wie ein Gewächshaus und speichert den Wärmeeintrag der Sonnenenergie. Dadurch verbessert sie das Raumklima und optimiert die Energieeffizienz des Gebäudes.
Optimierte Vorfertigung
Stützen, Träger, Platten und Wände wurden in einer lokalen Offsite-Fabrik vorgefertigt und vor Ort montiert. Standardisierte Bodenhöhen und ein durchgängiges Raster machten es möglich, die Rate der sich im Gebäude wiederholenden Komponenten zu optimieren. Dazu konnte die Präzision der Fertigung erhöht werden, während die Produktionszeiten und das Fehlerrisiko reduziert bzw. minimiert wurden. Kleinere Bauteile wurden im Zuge der Vorfertigung zudem zu möglichst großen Bauteilen zusammengesetzt, um den Arbeitsaufwand vor Ort so gering wie möglich zu halten. So wurden Hotelzimmer als 3D-Module komplett mit Bädern, Installationen, Ausbau und Fassade vorgefertigt. Jedes Modul war selbsttragend und konnte unkompliziert zwischen den Aufzugskernen an beiden Enden des Hochhauses aufeinandergestapelt werden.
Energieeffiziente Gebäudetechnik
Die Holzkonstruktion bindet mehr als doppelt so viel CO2-Emissionen, wie durch das im Gebäude verbaute Material, den Transport und die Bauarbeiten ausgestoßen wurden. Die kompakte Bauform und die leistungsstarke Hülle, die dank der geringen Wärmeleitfähigkeit von Holz ohne Kältebrücken gestaltet wurde, bilden die Grundlage für einen energetisch effizienten Gebäude-betrieb. Sonnenkollektoren auf dem Dach erzeugen erneuerbare Energie und tragen so ebenfalls zur Kompensation der durch das Gebäude verursachten CO2-Emissionen bei. Ein hybrides Lüftungssystem, mit dem die großen Foyers und Theaterbühnen auf natürliche Weise belüftet werden können, reduziert den Energieverbrauch der Gebäudetechnik. Mobiler und stationärer Sonnenschutz verhindert, dass die Räumlichkeiten im Sommer zu heiß werden, während er im Winter natürliches Tageslicht einfallen lässt und damit einen Wärmeeintrag ermöglicht. Darüber hinaus verfügt das Kulturzentrum über eine intelligente Steuereinheit mit künstlicher Intelligenz. Diese ist so programmiert, dass sie den Energieverbrauch des Gebäudes je nach Belegung und Programmierung lernt und entsprechend reagiert. Die Notstromversorgung des Gebäudes erfolgt über große Batterien anstelle von herkömmlichen Dieselgeneratoren, wodurch auch in Ausnahmefällen eine hohe Energieeffizienz im Gebäude-betrieb gewährleistet ist. Das Resultat all dieser Bemühungen kann sich sehen lassen: Berechnungen zeigen, dass das auf eine Lebensdauer von mindestens 100 Jahren ausgelegte Bauwerk innerhalb von 50 Jahren eine negative CO2-Bilanz aufweisen wird.