DAI Erklärung anlässlich des DAI Tages in Münster vom 22.-24.9.2017
(in: BAUKULTUR 6_2017, S. 11)
Die Baubranche steht wie alle Wirtschaftszweige vor großen Herausforderungen: Wohnungsunterversorgung, demographischer Wandel, Energiewende, Klimawandel, Digitalisierung - das sind die Schlagworte unserer Tage und die uns herausfordern. Architekten und Ingenieure sind hierbei entscheidende Akteure.
Das gesammelte Know-how der planenden Berufe muss in die Gestaltung und den Erhalt unserer gebauten Umwelt einfließen. Ressourcen schonend einzusetzen und trotzdem das Bewusstsein für eine anspruchsvolle Planungs- und Baukultur im Auge zu behalten, ist ein hoher Anspruch. Architekten und Ingenieure tragen hierbei eine große Verantwortung, zu der sich auch und gerade die Mitglieder des DAI bekennen.
Wir stellen fest, dass seit Jahren die Bautätigkeit insbesondere am Wohnungsmarkt dem Bedarf nicht folgen kann. Das trifft besonders auf das Segment der „bezahlbaren“ Wohnungen zu. Im Luxusbereich kennen wir das Problem weniger. Es gibt eine Vielzahl von Gründen, warum die Preise steigen bzw. Angebot und Nachfrage auseinanderklaffen:
- Bodenpreise und Bauland: Immer mehr Menschen ziehen in die Städte. Damit steigt der Druck in Ballungsgebieten. Die Baulandpreise sind insbesondere in den großen Städten in den letzten 16 Jahren um fast 50 % gestiegen.
- Durch niedrige Zinsen am Kapitalmarkt fließt viel Geld in Immobilien als vermeintlich sichere Geldanlage.
- Der Eigenbedarf an Wohnraum steigt kontinuierlich. Wurden 1950 noch 14 m²/Person statistisch beansprucht, so lag der Wert 2013 schon bei über 45 m².
- Die Anzahl der Wohnungen, die aus der sozialen Förderung fallen, nimmt von Jahr zu Jahr zu. Hier wurden 1990 noch ca. 3 Mio. Wohnungen verzeichnet. 20 Jahre später waren es nur noch halb so viele.
- Energetische und technische Auflagen verteuern das Bauen enorm.
- Die Einkommensentwicklung konnte mit der Baupreissteigerung in den vergangenen gut 20 Jahren nicht mithalten. Somit können sich viele Menschen Eigentum bzw. hohe Mieten aufgrund von Umlagen nicht leisten.
Der DAI begrüßt daher die Anstrengungen, die im Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen und damit in der Baukostensenkungskommission unternommen wurden. Im Ergebnis sind wir zwar der Erkenntnis ein Stück nähergekommen, das Problem allerdings bleibt bestehen: Bis 2021 fehlen pro Jahr in Deutschland gut 380.000 zusätzliche Wohnungen bei einem aktuellen Fertigstellungsstand von ca. 270.000 in 2016. Macht also ein Delta von 110.000 Minimum.
Unter Wahrung des unbedingten Vorrangs der Baukultur müssen wir das Thema serielles Bauen rascher vorantreiben, bei dem Prototypen in relativ kurzer Zeit an verschiedenen Orten zum Einsatz kommen und somit die Zeit bis zur Fertigstellung stark verkürzt wird. Dabei muss natürlich der Ortsbezug gewahrt bleiben, nicht jedes ingenieurtechnische Produkt ist an jeder Stelle verträglich. In den Ballungszentren muss eine Baulandsteuer eingeführt werden. Baugrund, mit dem nur spekuliert wird, auf dem aber kein (Wohn-)Gebäude entsteht, wirkt kontraproduktiv. Parallel müssen die Kommunen mehr Bauland mit entsprechenden Auflagen ausweisen.
Schließlich fordert der DAI, beim Thema energetische und technische Gebäudeausrüstung Maß zu halten. Es braucht keine weiteren Energieeinsparungsvorschriften. Der Aufwand, die letzten 10 % Effizienzpotenzial zu heben, ist mit einem enormen Kosteneinsatz verbunden.
Die Prozesse der Digitalisierung müssen zudem den Planern helfen, rasch und unkompliziert ihre architektonischen Entwürfe umzusetzen. Hier sind einheitliche Standards erforderlich, damit sich alle am Bau auf ihren ureigenen Bereich konzentrieren können: die Architekten und Planer auf die Entwürfe sowie deren Umsetzung und die Ingenieure auf die Statik, Bauausführung und -überwachung.