Berlin/Hannover - Die Architekten- und Ingenieurvereine als Mitglieder des Verbandes Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine (DAI) haben sich auf dem DAI Tag vom 25.-27. September 2015 in Hannover mit der Frage beschäftigt, welchen Beitrag Architekten und Ingenieure zur Bewältigung des strukturellen Wohnraummangels und des akuten Wohnraummangels aufgrund der Situation, dass Hundertausende Menschen zu uns kommen, leisten können.
Unser Beitrag ist die WillkommensBaukultur, die zunächst und in erster Linie den aus der Not zu uns kommenden Menschen zugutekommt. Sie muss darüber hinaus aber auch denjenigen eine Willkommensbotschaft zurück in unsere Gesellschaft bieten, die sich – aus welchen Gründen auch immer – derzeit in ihr nicht wiederfinden und zunehmend an den Rand gedrängt werden. Wissenschaftlich untermauerte Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland allein strukturell rund 400.000 Wohnungen pro Jahr für die nächsten 5-6 Jahre fehlen. Hinzu kommt eine große Zahl von Schutzsuchenden, die ebenfalls ein Anrecht auf menschenwürdigen Wohnraum haben und nicht Zuwanderer in Zelten oder Containern sein dürfen. Hier gilt es, den Integrationsaspekt von Anfang an mitzudenken. Dies setzt beim Planen und Bauen grundsätzliches Umdenken und klare Prioritätensetzungen voraus: Bestandsbauten unterschiedlichster Art nutzen und aufwerten, innerstädtisch angemessen verdichten, Aufstockungsmöglichkeiten mit innovativen Leichtbauweisen nutzen und schließlich auch Neubau in den Peripherien. Die Planer und Bauschaffenden im Land können dies in konzertierter Aktion schaffen – wenn nicht wir, wer dann?
Die Herausforderungen:
- Bedarf: bis zu 400.000 Wohnungen fehlen strukturell in den nächsten fünf Jahren pro Jahr in Deutschland, macht 2 Mio. insgesamt bis 2020
- Zuzug: ca. 1. Mio. (+X) Flüchtlinge allein in 2015
Antworten:
- Aktivierung des Leerstands, Aufstockung sowie Verdichtung im Bestand und erst dann peripherer Neubau.
- Finanzierung: Gerechte Verteilung auf Bund, Länder, Kommunen und Private
- Unterbringung nicht nur temporär schaffen, sondern nachhaltigen Wohnraum schaffen (notdürftige Zeltbehausungen und Container sind ein Zumutung für alle Beteiligten)
Die TU Darmstadt (VHT – Versuchsanstalt für Holz- und Trockenbau) hat eine Studie veröffentlicht, der folgende These vorangeht: Der Bedarf an ca. 2 Mio. Wohnungen in Deutschland kann:
- im innerstädtischen Bereich
- kostengünstig
- energieneutral
- ohne zusätzliche Flächenversiegelung
- mit gleichzeitiger baukultureller Verbesserung
gedeckt werden. Die zentralen Begriffe lauten Nachverdichtung und Aufstockung.
Forderung Außerdem: Moratorium für Vorschriften.
- Erleichterung bei Genehmigungsverfahren im sozialen Wohnungsbau,
- Nachrüstung von Gebäuden auf EnEV-Standards binnen 10 Jahren, nicht alles sofort umsetzen sowie
- Mietrechtsanpassung (kein Leerstand für Spekulation, temporäre Vermietung ohne Eigennutzungsnachweis)
Diesen Ansatz wird der DAI tatkräftig unterstützen und mit vorantreiben. Mittel- und langfristig tragen wir alle die Verantwortung für unsere gebaute Umwelt und wie wir diese den nachfolgenden Generationen hinterlassen. Es ist unsere Aufgabe, so effizient wie möglich mit den eingesetzten Ressourcen umzugehen und damit wirtschaftlich, umweltverträglich und sozialpassend zu arbeiten. Ein Beitrag dazu ist zweifelsohne eine ernst gemeinte WillkommensBaukultur. Darauf müssen sich Politik, Verbände und Kammern gemeinsam verständigen.