DAI regional: AIV zu Berlin
(in: BAUKULTUR 3_2014, S. 12-13)
Mit 5 Spuren in beiden Fahrtrichtungen, so breit wie kaum eine Autobahn, beherrscht der Altstädter Ring das Zentrum von Spandau. Zwischen Bahnhof und Falkenseer Platz zerschneidet die Asphaltpiste den Berliner Bezirk in zwei Hälften. Ein stellenweise unwirtlicher Ort für Passanten, der kaum erahnen lässt, welche urbanen Potenziale sich rechts und links des Altstädter Rings verbergen. Ob und wie ein neues Straßennetz das Zentrum neu erschließen oder wie der stadtnahe Landschaftsraum zugänglich werden könnte, waren Aufgaben des 159. AIV-Schinkel-Wettbewerbs „Spandau bei Berlin“.
Jurysitzung
Beim diesjährigen Wettbewerb wurden 115 Arbeiten von über 258 Teilnehmern eingereicht. In 7 Fachsparten, zwei Vertiefungsthemen und Kooperationen wurden 16 Preise auf 14 Projekte aufgeteilt. Der mit 2.500 Euro dotierte Schinkelpreis ging an ein Team von der TU Berlin in der Fachsparte Landschaftsarchitektur: Henning Holk, Julia Müller, Philipp Rösner und Janina Thieme. Sie erhielten auch das von der Hans-Joachim-Pysall Stiftung gestiftete Schinkel-Italienreise-Stipendium.
Henning Holk, Julia Müller, Philipp Rösner und Janina Thieme von der TU Berlin erhielten den Schinkelpreis 2014 in der Fachsparte Landschaftsarchitektur
Aufgabenstellung
Aus gesamtstädtischer Perspektive waren die Eigenständigkeit und Erkennbarkeit des Stadtkerns von Spandau zu stärken – als Ort des Wohnens und Arbeitens, der Wirtschaft wie auch als Anziehungspunkt für Freizeit, Kunst und Kultur. Spandaus Lage am Wasser bietet eine besondere Chance, Landschaft und Stadt zu verknüpfen.
Der Wettbewerb näherte sich dem Ort aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Die Potenziale der Kernstadt sollten näher untersucht und ihre Qualitäten geschärft werden. Erwartet wurden u. a. Lösungen zur Überwindung der verkehrsbedingten Einschnürung der Altstadt, zur Neuordnung der Verbindung zwischen Bahnhof und Stadteingang sowie zur Qualifizierung des Innenstadtbereichs beidseitig der Havel. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Aufgabenschwerpunkte sollte ein breites Spektrum an Lösungsansätzen aufgezeigt werden. Neben der Annäherung aus fachdisziplinären Perspektiven war dabei insbesondere das Potenzial interdisziplinärer Ansätze auszuloten.
Schinkelpreis
Der mit dem Schinkelpreis ausgezeichnete Entwurf überzeugte die Jury durch einen gut in vorhandene Strukturen eingefügten Uferweg einschließlich der Brückenschläge über Havel und Spree. Neben einem durchgängig asphaltierten Band wechseln ortsspezifische Materialien sich ab und betonen einzelne Abschnitte.
Begründung der Jury
Die Arbeit „Promenadenring – Neue Wege am Wasser“ stellt den Flussraum von Spree und Havel ins Zentrum einer künftigen Entwicklung Spandaus zur „Stadt am Wasser“. Der Heterogenität von 5 „Sequenzen“ – Stadträumen am Wasser – wird konzeptionell mit einem „Promenadenring“ begegnet. Zwei durch „Wasserachsen“ verbundene Rundwege gliedern den Uferraum: Der erste führt barrierefrei entlang der Freiräume und Uferkanten von Spree und Havel. Der zweite orientiert sich an bestehenden räumlichen Strukturen der angrenzenden Quartiere und verbindet deren Zentren miteinander, macht vorhandene und neugestaltete Qualitäten sichtbar und erlebbar.
Entsprechend ihres Charakters und ihrer Potenziale werden die unterschiedlichen Sequenzen weiterentwickelt. Behutsamen städtebaulichen Ergänzungen in Stresow sowie der Entwicklung der Geschützgießerei zum Kreativzentrum steht die sinnvolle Neuordnung des alten Postgeländes einschließlich der Einrichtung einer Marina sowie des Gewerbegebiets südlich der Zitadelle zum Dienstleistungs- und Wohnquartier gegenüber. Der gut eingefügte Uferweg, einschließlich der Brückenschläge über Havel und Spree, verbindet unterschiedliche Freiräume am Wasser, schafft Blickbeziehungen zwischen den Sequenzen und hebt mit der Schaffung von 4 besonderen Orten rund um die Spreemündung die Bedeutung des Zusammenflusses als Ursprung Spandaus und Zentrum künftiger Entwicklung hervor.
Das Preisgericht würdigt die Angemessenheit und umfassende Durcharbeitung des stadträumlichen und freiraumarchitektonischen Konzepts. Graphisch klar präsentiert zeigt die souveräne Übersetzung konzeptioneller Ideen in räumliche Situationen, inklusive deren Detaillierung bis auf die Materialebene, ein hohes Maß an Professionalität. Als besondere Anerkennung erhalten die Preisträger dafür auch das ebenfalls mit 2.500 Euro dotierte Italien-Reisestipendium der Hans-Joachim-Pysall-Stiftung.