Besucherzentrum im Archäopark Vogelherd
(in: BAUKULTUR 1_2015, S. 24-25)
Auf zurückhaltende Weise vernetzt das Besucherzentrum im Archäopark auf der östlichen Schwäbischen Alb seine Ausstellungsflächen mit der Umgebung. Der vom Münchner Büro Ritter Jockisch Architektur und Innenarchitektur konzipierte Sichtbetonbau fügt sich sensibel in das Landschaftsbild des Lonetals ein und öffnet sich weit zur Fundstelle der prähistorischen Artefakte, der Vogelherdhöhle.
Besucherzentrum im Archäopark Vogelherd (Foto: Brigida González)
Entwurf und Ausstellungskonzept
Die Vogelherdhöhle bei Niederstotzingen zählt zu den bedeutendsten Fundplätzen des Jungpaläolithikums in Europa. Kleine Tierskulpturen aus Mammut-Elfenbein, die Archäologen der Universität Tübingen hier ausgegraben haben, gehören zu den ältesten Kunstwerken der Menschheit. Einige der Funde sind nun in unmittelbarer Näher des Grabungsortes ausgestellt.
Dem klugen Entwurfs- und Ausstellungskonzept ist zu verdanken, dass der Kulturschatz am Ort seiner Entstehung nicht nur besichtigt werden, sondern auch zum nachhaltigen Verständnis der Eiszeit und dem Wirken der ersten anatomisch modernen Menschen beitragen kann. Hierfür entwickelten die Münchner Architekten gemeinsam mit den Ausstellungsmachern Lutzenberger & Lutzenberger einen sanft in einen Hügel eingebetteten Bau, der – halb eingegraben in der Talsenke – Anfang und Endpunkt eines Rundweges bildet. Dieser führt um 5 eiszeitliche Feuerstellen herum, mit jeweils dort angeordneten Themenplätzen. Im zentralen Besucherzentrum befinden sich die Ausstellungsflächen mit den Schaukästen für die Exponate, medial aufbereitete Erläuterungen sowie Café und Restauration. Der eigentliche Höhepunkt, die Vogelherdhöhle, liegt 200 m entfernt erhöht in der Landschaft. So schweift der Blick aus der Gegenwart stets über den zentralen Platz hinüber zum Originalschauplatz steinzeitlicher Relikte.
Außen- und Innenwände sind vollständig in Sichtbeton Klasse SB 2 ausgeführt (Foto: Brigida González)
Adäquate Architektur
Anspruch der Architektur war, nur geringfügig in die Auenlandschaft einzugreifen, wohl jenen frühen Menschen Respekt gezollt, die in der Steinzeit nur rudimentäre Zeugnisse ihres Wirkens hinterlassen haben. Von Osten her ist der Neubau in einen Grashügel eingebettet. Nach Westen öffnet er sich verglast zum zentralen Platz mit Feuerstelle. „Sichtbeton, ein Material ohne Oberflächenbehandlung, kommt einer Steinwand am nächsten", erläutert Architekt Kilian Jockisch die Entscheidung für die Betonbauweise, die auch das Innere des Ausstellungsgebäudes charakterisiert. Die Betoneinbauten, selbst der Sichtestrich als Bodenbelag und der fast nahtlose Übergang der unverputzten Innenbereiche hin zum kargen, schotterbelegten Außenraum, vermitteln dem Besucher eine Ahnung vom Leben in einer Landschaft, die sich hier vor 30.000 Jahren in der Eiszeit als Tundra mit Wacholdern, Flechten und Moosen erstreckte.
Eine leicht geneigte Rampe führt in den abgedunkelten höhlenartigen Ausstellungsraum (Foto: Brigida González)
Sichtbeton – Stein der Gegenwart
Aufgrund des sehr knappen Budgets wurde nur Sichtbeton Klasse SB 2 mit geringen gestalterischen Anforderungen ausgeschrieben. Dennoch sind sehr glatte Sichtbetonflächen mit präzisen Stößen in einem hellen und warmen Farbton entstanden. Die Betonrezeptur wurde durch eine Mehrzugabe von Marmormehl innerhalb des Standardprogramms modifiziert, die Schalhaut in Standardgrößen von 1,50 x 2,50 m optimal gestellt. Auch die gekrümmte Wand, die mittels der Trägerschalung im entsprechenden Radius ausgeführt wurde, und die im Kopfbereich geneigten Flächen zeigen nach der Betonage eine akkurate Oberfläche. Die genau platzierten Befestigungspunkte sind mit Ankerkonen aus Faserzement verschlossen.
Obwohl bei SB 2 ein Fugenversatz von bis zu 5 mm erlaubt ist, gelang mit der einfachen Elementschalung eine insgesamt 1000 m² große Sichtbetonfläche an Innen- und Außenwänden, die dem gestalterischen Anspruch der Architekten entspricht.