Große Geste in zweiter Reihe

Ausstellungshalle in Schweinfurt
(in: BAUKULTUR 4_2015, S. 20-21)

Das 100-jährige Firmenjubiläum der ZF Friedrichshafen AG in diesem Jahr war der Anlass, die Firmengeschichte aufzuarbeiten. Ein Museum war zunächst nicht geplant. Aber nach dem Blick in die Archive und Depots wurde relativ schnell klar, dass sich hier echte Schätze verbergen. Und als dann noch eine Produktionshalle im Schweinfurter Werk Nord stillgelegt wurde, war damit der perfekte Rahmen für eine Ausstellung geboten. Seit Mai 2015 wird dort nun die Unternehmensgeschichte von der Gründung der „Schweinfurter Präzisions-Kugellagerwerke Fichtel & Sachs" 1895 bis zur Verschmelzung der ZF Sachs AG mit dem ZF-Konzern 2011 gezeigt.

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Eine Schirmwand aus Metallgewebe zeichnet die dahinter liegende Ziegelfassade nach (Foto: Gerhard Hagen)

Umbau einer Industriehalle zur Ausstellungshalle
Auf dem Gelände des Werks Nord der ZF Friedrichshafen AG in Schweinfurt wurde ein Museum über die Geschichte der Firma Sachs gebaut. BAURCONSULT Architekten Ingenieure konnten im geladenen Wettbewerb mit dem Entwurf für das neue Museum den 1. Preis erzielen und wurden mit der Realisierung beauftragt. Die untergeordnete Lage des neuen Museums in „zweiter Reihe“ machte eine große Geste notwendig, um die neue Bedeutung des Ortes deutlich nach außen kenntlich zu machen, der westlich des umgestalteten Werkszugangs liegt. Daher wurde als Auftakt der Raumfolgen ein kraftvolles All-Over-Concept für die Fassaden gewählt. Eine Schirmwand aus Metallgewebe bildet ein neues „vorgestelltes“ Element mit Fernwirkung zur Straße, welches die dahinter liegende Ziegelfassaden nachzeichnet. Der Eingang des eigentlichen Museumbereichs wurde durch ein gläsernes Vordach und eine zugleich als barrierefreie Fluchttür genutzte Karusselltür sichtbar gemacht. Der Stadtboden vor der Schirmwand wurde streifenförmig als Belag aus gebrannten Industrieziegeln ausgeführt. Die gewöhnlichen, aber veredelten Materialien des Außenbereichs verweisen somit auch auf den industriellen Charakter des Ortes.

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Die innere Raumschale der Halle blieb als authentisches Zeugnis der Schweinfurter Industriegeschichte erhalten (Foto: Gerhard Hagen)

Ein seitlich neben dem eigentlichen Ausstellungsbereich gelegener Hallenabschnitt dient als Foyer und Bürobereich für Verwaltung und Inventarisierung. Die Büros wurden seitlich abgetrennt. Die Gestaltung des Eingangsbereichs ist bewusst zurückhaltend und folgt der Logik der sich zunehmend steigernden Raumfolgen. Dadurch kann der eigentliche Ausstellungsbereich zu voller Wirkung gelangen.

Der Raumeindruck der hohen Ausstellungshalle wurde erhalten. Die innere Raumschale des Gebäudes, als authentisches Zeugnis Schweinfurter Industriegeschichte, wurde so selbst zum Ausstellungsstück und Teil der Inszenierung.

Die Integration der notwendigen Technik steht unter dem Primat der Unauffälligkeit, aber auch der Angemessenheit. Während die Abluft, ebenso wie die Deckenstrahler über der Ebene Kranbahn geführt wird, befindet sich die Leitung Zuluft in der benachbarten Halle. Dort befinden sich auch die Lager. Eine Einbringöffnung in der Decke ermöglicht den geschossweisen Transport auch schwerer Lasten über die erhaltene Kranbahn. Die seitlichen Oberlichter wurden zwar in Oberfläche und Materialität erhalten. Um Brandüberschlag von der benachbarten Halle zu verhindern, wurden außen Abschottungen angebracht. Die notwendigen Entrauchungen werden über die ebenfalls als Raumschale erhaltenen Oberlichter gewährleistet. Eine zusätzliche Türöffnung in der Halle dient als notwendiger Rettungsweg. Zur Verbesserung des Wärmeschutzes wurde die Oberseite des Daches zusätzlich isoliert.

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