(in: BAUKULTUR 2_2016, S. 17)
Das Wilhelms-Gymnasium in Stuttgart erhielt in parkähnlicher Umgebung eine neue Schulmensa, geplant durch das Architekturbüro Gergs-Blum-Schempp. Ende November 2015 wurde sie offiziell eröffnet.
Charakteristisch ist das weit auskragende Dach mit den gedrechselten Stützen (Foto: Brigida González)
Räumliche Erweiterung
Ein nur 88 m2 großer Speisebereich in der Aula und eine 17 m2 große Verteilerküche waren zu Beginn des ehrenamtlichen Engagements der Eltern für die Ausgabe von 40 Mittagessen pro Tag vorgesehen. Heute werden im Schichtbetrieb bis zu 300 Essen ausgegeben. Um diesem erhöhten Bedarf gerecht zu
werden, ist eine neue Schulmensa in einem Pavillon entstanden, der zusammen mit dem Erdgeschoss des Hauptgebäudes, dem Atrium und der Turnhalle einen dreiseitig umschlossenen Schulhof bildet.
Verbindende Loggia
Charakteristisch für die neue Mensa ist die gedeckte Loggia, eine Art Schwellenbereich zwischen Speisesaal und Schulhof. Das 5 m weit auskragende Dach schützt im Sommer vor starker Sonneneinstrahlung und erlaubt auch bei feuchter Witterung den Aufenthalt im Freien.
4 gedrechselte Stützen aus Brettschichtholz tragen dieses Dach. Der Durchmesser des runden Querschnitts nimmt von 10 cm am Fußpunkt bis zur mittleren Höhe auf 20 cm zu und bis zum Kopf wieder auf 10 cm ab. Die konische Form der freistehenden Stützen entspricht den orthogonal zum Querschnitt wirkenden Knickkräften (Eulerkräfte).
Im Kontrast zu dieser Öffnung des Baukörpers Richtung Schulhof steht die weitgehend geschlossene Wand Richtung Hauptgebäude. Hier befinden sich alle notwendigen Nebenräume, die Zufahrt für die Anlieferung und die Feuerwehr.
Die Innenräume sind dank des hohen Verglasungsanteils lichtdurchflutet (Foto: Brigida González)
Erweiterungsoption
Die neue Mensa kann in Zukunft zu einer L-förmigen Gesamtanlage erweitert werden. Die beiden Flügel dieser Anlage umfassen eine gut besonnte und ruhige Wiese, deren Qualität durch die räumlichen Beziehungen zu den beiden Sälen für den Schulalltag aktiviert werden soll. Die Küche ist so angeordnet, dass bei Realisierung eines zweiten Saales zwei über Eck getrennte Essensausgaben entstehen.
Holzkonstruktion
Die Tragkonstruktion besteht aus Stützen und Trägern aus Brettschichtholz, die im Bereich des Saales sichtbar sind. Über eine Pfosten-Riegel-Fassade öffnet sich der Saal zum Schulhof und zur weitläufigen Wiese. Die geschlossenen Innenwände sind mit Drei-Schicht-Platten verkleidet. Eine Schutzschicht aus Hartwachsöl bringt die Maserung und die Farbe des Holzes zur Geltung.
Energetisches Konzept
Trotz großzügiger Glasfassade wird die vom Amt für Umweltschutz vorgeschriebene Quote des Glasanteils an der Gesamtfassade von 35 % nicht überschritten.
Das weit auskragende Vordach reicht aus, um den Saal vor sommerlicher Hitze zu schützen.
Im Süden und Westen umfasst der um 1 m in der Höhe abgesetzte, weitgehend geschlossene Gebäuderiegel mit den Nebenräumen die Hauptanlage. Die infolge des Höhenversatzes entstehenden Oberlichter ermöglichen eine natürliche Durchlüftung des Saales. Nur über der Küche wird eine mechanische Entlüftung benötigt. Die Heizung ist umweltschonend an die neu installierte zentrale Hackschnitzel-Heizung der Schule angeschlossen.