BAUKULTUR 3_2016: Editorial

Andreas Geisel, Senator für Stadtentwicklung und Umwelt von Berlin
(in: BAUKULTUR 3_2016, S. 3)

Berlin wächst rasant

In den letzten 5 Jahren kamen im Saldo – das heißt als reiner Gewinn – 200.000 Menschen neu in unsere Stadt, um hier zu leben. Dabei sind die im letzten Jahr sprunghaft angestiegenen Flüchtlingszahlen noch gar nicht mit eingerechnet. In absehbarer Zeit nähern wir uns der 4 Millionen Einwohner-Grenze. Berlin wächst – und das ist auch gut so. Es ist eine Bereicherung für die Stadt, wenn Menschen mit ihren vielfältigen Fähigkeiten und Talenten kommen. Das starke Wachstum bietet neben großen Chancen jedoch auch Herausforderungen. Insbesondere müssen wir darauf achten, dass angesichts der steigenden Nachfrage Wohnen in Berlin bezahlbar bleibt.

Der Senat hat deshalb eine Vielzahl von Maßnahmen auf den Weg gebracht, um eine Dämpfung der Mietpreise und mehr Neubau von Wohnungen zu erreichen. Ein wichtiger Partner für diese Ziele sind die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften: Sie werden allein in den nächsten 10 Jahren 60.000 Wohnungen neu bauen. Auch die privaten Wohnungsbauunternehmen haben ein Bündnis mit dem Land Berlin geschlossen, in dessen Rahmen sie eine starke Ausweitung des Baus bezahlbarer Wohnungen zusagen.

Mehr bezahlbare Wohnungen im Neubau brauchen preisgünstige Flächen, denn teurer Baugrund erhöht die Kosten und damit die Preise für das Wohnen. Das Land Berlin hat deshalb unter anderem seine Liegenschaftspolitik neu ausgerichtet. Den Zuschlag beim Verkauf landeseigener Grundstücke erhält nicht mehr grundsätzlich der Bieter mit dem höchsten Gebot, sondern der mit dem besten Konzept für bezahlbares Wohnen.

Bodenspekulation – schlecht für die Wirtschaft, fatal für die Menschen

In jüngster Zeit erleben wir jedoch eine äußerst problematische Entwicklung, auf die wir reagieren müssen, wollen wir das Ziel bezahlbares Wohnen in Berlin nicht gefährden. Wir sehen einen enormen Anstieg bei den Grundstückspreisen in Berlin. Das ist schlecht für den Wohnungsbau, deshalb müssen wir schnell den Markt entlasten und mehr Bauland ausweisen. Das Land Berlin wird eine Planungs-Task-Force mit 50 zusätzlichen Stellen einrichten, damit mehr Bebauungspläne in kürzerer Zeit bearbeitet werden können.

Wir müssen aber auch gegen die zunehmende Spekulation mit Baugrund vorgehen. Das Land Berlin rechnet damit, dass im Jahr 2015 zwar Baugenehmigungen für rund 22.000 Wohnungen erteilt wurden, aber mit dem Bau von nur ca. 12.000 Wohnungen tatsächlich begonnen wurde. Es wird also insbesondere in begehrten Innenstadtlagen auf eine schnelle Wertsteigerung der Grundstücke mit bestehender Baugenehmigung spekuliert, um sie dann nach einiger Zeit wieder teurer zu verkaufen, statt sie kurzfristig tatsächlich zu bebauen. Das ist schlecht für die Unternehmen, die im Bereich der Planung und dem Bau von Wohnungen tätig sind, denn sie können nicht in dem Maße aktiv werden, wie es die Nachfrage auf dem Markt eigentlich ermöglicht. Es ist aber vor allem auch ein Skandal gegenüber den Menschen, die dringend eine Wohnung in Berlin suchen.

Wir können und werden einer solchen Entwicklung nicht tatenlos zusehen. Ich habe deshalb vorgeschlagen, künftig die Anreize für schnelles Bauen deutlich zu erhöhen und Spekulation unattraktiver zu gestalten. Dieses ließe sich etwa mit einem Aufschlag auf die Grundsteuer bei ausbleibender Bebauung erreichen. Wir müssen anpacken für mehr Wohnungen in Berlin und dafür auch den Spekulanten das Handwerk legen!

Herzlichst Ihr
Andreas Geisel
Senator für Stadtentwicklung und Umwelt von Berlin

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