BAUKULTUR 4_2016: Editorial

Prof. Christian Baumgart, DAI Präsident
(in: BAUKULTUR 4_2016, S. 3)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
verehrte Leser und Freunde der Baukultur,

diese Ausgabe der BAUKULTUR befasst sich – fast schon traditionell – mit dem Thema Fassaden. Eine Ausgabe im Jahr ist schwerpunktmäßig diesem im engeren Wortsinne offensichtlichen Teil der Architektur gewidmet.

Die Gebäudehülle oder auch Haut eines Hauses macht die Wechselwirkungen mit ihrer Umgebung unmittelbar spürbar, und zwar innerhalb wie außerhalb eines Bauwerks. Natürlich muss eine Fassade, die allen technischen und ästhetischen Anforderungen wie Schutz, Transparenz, Energieerzeugung, Smart-Vision oder Schmutzresistenz gerecht werden soll, mit vielerlei Einflüssen professionell umgehen bzw. Antworten liefern können, wenn es um Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Orientierung, mechanische Belastung, Oberflächen- oder Farbdesign geht. Die banale Aussage, das Ganze sei mehr als die Summe seiner Teile, ist auch und gerade mit Blick auf die Gebäudefassaden zutreffend. Fassaden prägen das Antlitz unserer Städte und Gemeinden, Gestaltung und Ästhetik sind also von erstrangiger Bedeutung. Nicht zuletzt soll die Gebäudehülle auch eine Haltung, quasi eine charakterliche Aussage zum jeweiligen Gebäude verdeutlichen. Dem gegenüber treten häufig die konstruktiven Elemente vollständig in den Hintergrund – egal, ob Stahlbeton, Holzständerbauweise oder andere Konstruktionen die Fassade tragen.

Während sich viele Anforderungen und Problembereiche zeitgemäßer Fassadengestaltung im Neubaubereich relativ einfach berücksichtigen lassen, wird es im Bestand deutlich schwieriger. Hier ist es nicht selten, dass Fassaden oft selbst mehr Schutz benötigen und verdienen, als sie dem Gebäude und seinen Bewohnern bieten können – identitätsstiftende, stadtbildprägende und denkmalgeschützte Substanz bedürfen unserer besonderen Fürsorge. Neben diesen ästhetischen Aspekten geht es bei dem vielschichtigen Thema der Bestandssanierung und -ertüchtigung vor allem um eine von Einzelaspekten losgelöste Betrachtung der Gesamtsituation. Von den Anforderungen der energetischen Sanierung über den Schutz vor Durchfeuchtung, Rissbildung, Pilz- oder Algenbefall über die Reprofilierung von Fehlstellen bis zu grundlegenden Schäden oder auch Mängeln der Gesamtkonstruktion reicht hier die Palette.

Allein in diesen Schlaglichtern wird deutlich, wie vielschichtig das Thema ist. Natürlich können nicht alle Bereiche in einer Ausgabe unserer BAUKULTUR ausreichend beleuchtet werden. Daher freuen wir uns einmal mehr über Anregungen aus den Reihen unserer Leser, die wir dann gerne für unsere fassadenBAUKULTUR im Jahr 2017 mit aufnehmen werden.

Natürlich ist unser Verband aktiv in die derzeitige politische Diskussion um die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) eingebunden. Unter anderem im Rahmen des Berliner Verbändegesprächs diskutieren Kammern, Verbände der planenden und bauenden Berufe sowie die zuständigen Ministerien im Austausch mit der Bundesregierung den aktuellen Stand des von der EU-Kommission angestrengten Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland. Laut EU-Kommission ist die HOAI derzeit nicht vereinbar mit geltendem EU-Recht, insbesondere was die Dienstleistungsfreiheit und -freizügigkeit in Europa angeht. Wir werden hier intensiv am Ball bleiben und Sie auch in der BAUKULTUR zu diesem Thema weiterhin informieren.

Aktuelles hierzu wird es auch beim diesjährigen DAI Tag in Aschersleben vom 23.-25.9.2016 geben. Bitte machen Sie bereits heute von der Anmeldemöglichkeit Gebrauch, die Sie zusammen mit dem Programmablauf in diesem Heft auf den Seiten 45/46 finden. Gastgeber in diesem Jahr ist der Architekten- und Ingenieurverein Aschersleben-Staßfurt. Wie jedes Jahr bereiten die Organisatoren vor Ort mit großem Aufwand eine interessante Veranstaltung vor, dieses Jahr unter anderem im Bestehornpark. Diese historische Gebäude- und Parkanlage im Herzen Ascherslebens, der ältesten Stadt Sachsen-Anhalts, geht auf Europas einstmals größten Papierfabrikanten im 19. Jahrhundert zurück. In der nächsten BAUKULTUR, die den Titel „ascherslebenerBAUKULTUR“ tragen wird, werden wir auch detailliert auf die designierten Träger des Großen DAI Preises für Baukultur 2016 eingehen: Das Architektenpaar Jórunn Ragnarsdóttir und Arno Lederer hat neben einer Vielzahl national und international hochdekorierter Projekte auch den Umbau und die denkmalgerechte Sanierung des Bestehornhauses geplant und begleitet.

Für heute wünsche ich Ihnen wie stets eine erkenntnisreiche Lektüre unserer BAUKULTUR. Bitte bleiben Sie dem DAI gewogen und unterstützen Sie uns bei unseren Bestrebungen, für die Interessen der planenden und bauenden Berufe einzutreten.

Herzlichst Ihr

Prof. Dipl.-Ing. Christian Baumgart
DAI Präsident

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