(in: BAUKULTUR 3_2017, S. 28-29)
Das Jurahaus – heute Kulturhaus Dietfurt – entstand um 1715. Die Fassaden wurden im Laufe der Jahrhunderte mehrmals überputzt und übermalt. Im Zuge der Sanierung durch das Büro Kühnlein Architektur, Berching, wurden die bauzeitlichen Putz- und Farbfassungen freigelegt, untersucht, gefestigt und schließlich nach der Rezeptur der historischen Befunde zur Konservierung mit einer neuen Lage Putz abgedeckt.
Durch die freskierte Bemalung, das Putzrelief, die Mauernischen und Öffnungen erhält das Haus Präsenz
Drei Putzphasen
An den Fassaden konnten drei Putzphasen festgestellt werden: Eine aus dem Baujahr um 1715 (Putzphase 1), eine Überarbeitung wohl aus dem 19. Jahrhundert (Putzphase 2)und eine weitere aus dem 20. Jahrhundert (Putzphase 3). Da die Überarbeitungen in ihrer Stabilität und Anhaftung zum Untergrund in sehr schlechtem Zustand und von einfacher Qualität waren, erhielt die Erstfassung der Untersuchung besondere Beachtung.
Putzphase um 1715
Die Ostfassade stellt die Schmuckseite des Gebäudes dar. Ihr Giebel aus Kalksteinen mit Ziegelzusetzungen ist mit mehreren Putzlagen unterschiedlichster Qualität überzogen. In der Erstfassung handelt es sich um einen sehr hellen, festen Kalkputz, teilweise als Glattputz mit geriebener Oberfläche, teilweise als Strukturputz. Die unterschiedlichen Putztechniken sind Teil der Gestaltung. Horizontale Bänder in verschiedenen Breiten dienen der Gliederung. Die glatt geriebenen Putzbänder sind freskal mit ockerfarbenen, schwärzlichen und gräulichen Kalklasuren ornamentiert. Als Motiv findet sich der „laufende Hund“, ein zweifarbiges, doppeltes Wellenband als Symbol für Werden und Vergehen. Dazu steht ein über Glattputzniveau liegender Stupfputz, der vermutlich in seiner Sandfarbigkeit putzsichtig zu den gefassten Oberflächen gestanden hat. Die bauzeitlichen Putze sind in einem allgemein stabilen Zustand. Die Gefache der Süd- und Nordfassade in Fachwerkbauweise sind mit Kalksteinen und Ziegelsteinen ausgemauert. Die Südfassade war komplett verputzt. Nachvollziehbar ist das zumindest bis ca. 2 m hinter der Überschneidung mit dem Nachbargebäude. An der Südfassade wird die Gestaltung der Ostfassade weitergeführt. Die Nordfassade nimmt nur im Übergang zur Ostfassade deren Gestaltung um ca. 1,50 m auf. Es wurden aber lediglich die Bänderungen und Bossierungen auf die Fassade übertragen. Aufwändige Elemente wie der „laufende Hund“ finden sich hier nicht. Die Farbigkeit der ansonsten monochrom gefassten Fassadenseite zieht sich mit in die Gestaltung ein und ergänzt die Ornamente. Die restliche Fassadenseite war wahrscheinlich als Fachwerkwand mit sichtbaren Balken und verputzten Gefachen monochrom in hellem Grau gefasst. Farbbefunde an den Holzbalken konnten nicht nachgewiesen werden.
Putzphasen 19. und 20. Jahrhundert
Die folgende Putzlage (Putzphase 2) imitiert den originalen Putz in seiner Technik, ist jedoch längst nicht so fein aufgeführt. Der Putz ist extrem bindemittelarm und sandet stark. Es folgt der Sichtputz (Putzphase 3), ein Kalkputz mit hydraulischem Anteil, der an der gesamten Fassade als quer geriebener Rillenputz ausgeführt ist. Teilweise gibt es Ausbesserungen mit Zementputz besonders im Sockelbereich, an den Fenstern und an den Ecken. Historische Putzphasen an der Ostfassade enden auf einer Höhe von ca. 2,50 m über Gelände. Die Gestaltung der Fassadenflächen am aufgehenden Mauerwerk dürfte hier mit der ersten Fassung als flächiger Stupfputz ausgeführt gewesen sein. Die vorgefundene Gestaltung der ersten Putzphase ist in ihrem Erhaltungszustand und ihrer Ausführung einzigartig und wurde als unbedingt erhaltenswert angesehen. Aufgrund des vorgefundenen Bestandes konnte diese als rekonstruierbar bezeichnet werden.
Glatte, teils farbig gefasste Putzflächen wechseln sich mit rauen Stupfputzflächen ab und bilden eine horizontale Bänderung
Fensteröffnungen
Alle Fensteröffnungen dürften bei den letzten Umbauten geändert worden sein. Im Dachgeschoss wurden einige kleinere Öffnungen und die Aufzugsöffnung geschlossen und durch drei gleich große Fenster ersetzt. Im Obergeschoss entsprechen die Fenster nahezu den bauzeitlichen Öffnungen. Im Erdgeschoss steht vermutlich nur die Öffnung im nördlichen Bereich in etwa an bauzeitlicher Stelle. Der Großteil ist mit dem neuen Eingang an der Südostecke komplett verändert worden.
Sanierung
Unter dem abgeplatzten Zementputz wurden Farbreste und Putzritzungen der bauzeitlichen Fassung sichtbar. Auch die Punkte, in denen ein Zirkel eingeschlagen worden war, waren noch zu erkennen. Prägend sind die groben Stupfputzflächen im Erdgeschoss und teilweise im oberen Bereich. Diese Struktur wurde mit einem Nagelbrett oder Reisigbesen in den frischen Putz „gestupft“. Die glatten Putzflächen wechseln sich mit den rauen Stupfputzflächen ab und bilden eine horizontale Bänderung. Das unterste Band mit dem „laufenden Hund“ verläuft direkt über den Fensteröffnungen im Erdgeschoss. Das zweite Band liegt auf dem Scheitel der Toreinfahrt auf und umzieht den Giebel, allerdings wird es durch die Fensteröffnungen im Obergeschoss unterbrochen. In der Höhe des Kniestocks sind zwei quergestreifte Ornamentbänder eingefügt. Durch die freskierte Bemalung, das Putzrelief sowie die Mauernischen und Öffnungen im Giebel erhält das Haus Präsenz. Viele Fragen konnten während der Bauforschungs- und Sanierungsphase beantwortet werden, einige bleiben allerdings offen: Wer war Bauherr des Hauses und welche Handwerker stellten diese in der bayerischen Oberpfalz nicht ganz alltägliche Putzfassade her? Vieles deutet auf Graubündner Handwerker hin, die in familiären Bautrupps organisiert in der Region um das Bistum Eichstätt tätig waren.