BAUKULTUR 3_2018: Editorial

Prof. Christian Baumgart
(in: BAUKULTUR 3_2018, S. 3)

mit dieser Ausgabe unserer Fach- und Verbandszeitschrift BAUKULTUR widmen wir uns einem der ältesten und nachhaltigsten Baustoffe überhaupt, dem Holz. Obwohl uns in den letzten Jahrzehnten überwiegend als „Begleitmaterial“ beim Bauen vertraut, für Schalungen, Stützen oder im Gerüstbau, ist Holz auch als verbauter Rohstoff nicht wegzudenken. Vom Massivholzbau über Rahmenbaukonstruktionen bis hin zum zeitgemäßen mehrgeschossigen Skelettbau. Schließlich sind auch zeitgemäße Dämmmaterialien auf Holzbasis langlebig und ökologisch sinnvoll einzusetzen. Wenn wir aber wie in dieser Ausgabe über holzBAUKULTUR sprechen, muss die Rede sein von hochwertiger und zeitloser Architektur, die erst mit Holz ihre ganz eigene Sprache entwickelt.

Die Anfänge des Bauens mit Holz liegen Jahrtausende zurück. Mit dem Auszug aus Höhlen begann der Mensch, seine Behausungen in Holzbauweise zu errichten. Die Pfahlbauten von Unteruhldingen vom Bodensee beispielsweise stammen aus der Bronzezeit und gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe. Für Ende des 14. Jahrhunderts schätzt man die insgesamt dauerhaft bewaldete Fläche auf etwa ein Drittel, überwiegend in sumpfigen Talauen und Hanglagen. Waldbestände waren immer unentbehrliche Grundlage menschlichen Lebens, sei es für Holzbau, Gewerbe bzw. diverse Manufakturen oder die Energieversorgung, die lange Zeit ausschließlich auf dem Rohstoff Holz basierte, aber auch als maßgebliche Quelle der Bevölkerungsernährung.

Die in unseren Breiten heute wohl bekannteste Region für zeitgemäße Holzarchitektur ist Vorarlberg mit dem Bregenzer Wald. Die Region vom Bodensee bis ins Montafon mit ihren wertvollen Holzressourcen bot sich förmlich an, in Rückbesinnung auf alte Bautechniken kombiniert mit zeitgemäßen Bearbeitungsmethoden ganz neue Wege der Konstruktion und Ästhetik in der Holzbauweise zu gehen.

Aber nicht nur die zeitlos ansprechenden Bauwerke, sondern auch viele pragmatische Gründe sprechen dafür, mit Holz zu bauen. Die hohe Flexibilität bei gleichzeitiger Steifigkeit und Festigkeit machen Holz zum idealen Baustoff beispielsweise in Erdbebenregionen. Neuzeitliche Werkstoffe wie Schichtfurnierplatten, Bauverfahren wie die Hybridbauweise aus Holz und Beton, Spannweiten mit Holzleimbindern, die weitaus größer sind als in Stahl oder Beton darstellbar, erweitern die Möglichkeiten für Architekten und Bauherrn. Wahrscheinlich wird es nicht mehr lange dauern, bis der erste Wolkenkratzer in Holzkonstruktion in einer der internationalen Me-tropolen steht. Insider sprechen bereits heute davon, dass die 100-Meter-Marke mit dem Baustoff Holz problemlos überschritten werden könne.

Aber auch in unseren aktuellen Diskussionen um zügig zu schaffenden Wohnungsbau und Nachverdichtung hat Holz einen hohen Stellenwert. Die TU Darmstadt hat 2016 eine Studie veröffentlicht, mit der Vorschläge zur Aufstockung mehrgeschossiger Stadthäuser in Holzleichtbauweise unterbreitet werden, um damit dem Wohnungsmangel in Ballungsgebieten rasch und effektiv begegnen zu können. Von ca. 1,5 Millionen Wohnungen ist die Rede, die so zusätzlich gewonnen werden könnten. Auch hier spielt der Baustoff Holz wiederum eine zentrale Rolle.

Es freut mich, wenn wir Ihnen mit dieser Ausgabe der BAUKULTUR viele neue Anregungen mit Blick auf den Baustoff Holz geben können. Umgekehrt sind auch wir für Hinweise dankbar, die es uns ermöglichen, das Thema in einer zukünftigen Ausgabe noch weiter zu vertiefen. Ein solcher Austausch kann sich nur positiv auf die Baukultur in Summe auswirken.

Herzlichst Ihr
Prof. Dipl.-Ing. Christian Baumgart
DAI Präsident

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