Konferenzzentrum in Dresden
(in: BAUKULTUR 2_2018, S. 22-23)
Das Institut für Holztechnologie Dresden (IHD) wünschte sich für sein neues Konferenzzentrum einen reinen Holzbau mit besonderer Ausstrahlung. Reiter Architekten aus Dresden kombinierten modernste Technologien mit zeitgemäßer, energiesparender Architektur. Der Neubau des Saals wurde in Brettstapel-Bauweise als Passivhaus errichtet.
Das Gebäude wurde um einen uralten Baumhasel herum errichtet (Foto: Steffen Spitzner)
Vortragssaal
Der für 200 Personen konzipierte Saal bietet ideale Bedingungen für Konferenzen und Vorträge. Der rein nord-orientierte Raum verhindert Streiflicht von Sonnenstrahlen, welche die Wiedergabequalität auf der Bildschirmwand aus 16 LCD-Displays beeinträchtigen würde. Außenverschattung ist nicht notwendig. Spiegelglatt lackierte Holzplatten an der Stirnseite vergrößern den Raum optisch.
Konstruktion
Die Idee der Konstruktion wurde von Prof. Julius Natterer von der TU Lausanne entwickelt. 4 normale 30 mm starke und 18 m lange Fichtenbretter werden kreuzweise in Rautenform übereinander genagelt und bilden gemeinsam mit den in der Wärmedämmebene liegenden Bogenbindern ein Brettstapelgewölbe, das 12,5 m Raumbreite überspannt. Vom Fußboden beginnend wurden die Bretter vor Ort über ein Lehrgerüst gebogen, fixiert und mit Rillennägeln miteinander in der Lage arretiert. Einmal vernagelt, können sich die Bretter nicht mehr untereinander verschieben und bilden somit eine stabile Gewölbeschale. Die Konstruktion sitzt in Stahlfüßen, die auf die Bodenplatte geschraubt wurden. An der Traufe ist die Holzkonstruktion mit der vertikalen tragenden Holz-Glas-Fassade verschraubt. In Trockenkammern vorgebogene Bretter von 1,80 m Länge füllen die Zwischenräume der jeweils wechselseitig gespannten durchgehenden Bretter. Eine besondere Herausforderung stellten die zum Boden hin enger werdenden Biegeradien der Bretter dar. Anfänglich brachen diese an den in jedem Brett vorhandenen Fehlstellen, den Ästen weg. So entstand die Idee, die Bretter feucht über eine Woche hinweg langsam in die richtige Form zu biegen.
Die Saaldecke spiegelt in beeindruckender und ästhetischer Weise die Leistungsfähigkeit des Werkstoffes Holz wider (Foto: Steffen Spitzner)
Brandschutz
Um eine elegante Konstruktion zu verwirklichen, wurden die Fluchtwege so optimiert, dass eine F15-Konstruktion realisiert werden konnte, nicht die im Brandschutz vorgeschriebene F30-Konstruktion. Dafür wurden 5 Fluchtwegtüren in den Saal eingebaut. Ein Problem stellten die Anschlüsse der Holzkonstruktion mit Stahlbauteilen dar. Diese wurden alle separat brandschutztechnisch verkleidet. Eine Brandmeldeanlage sorgt für schnellen Alarm, eine Aufschaltung auf die Feuerwehr war nicht erforderlich.
Haustechnik
Es wurden verschiedene Varianten der Belüftung des Saals durchgerechnet. Als kostengünstigste stellte sich die Belüftung über Weitwurfdüsen von der Rückseite des Saals heraus. 50 % der Luft werden im Saal abgesaugt, und 50 % strömen über schallgedämmte Überströmer in das Foyer und werden dort abgesaugt. Das Lüftungsgerät mit 85 % Wärmerückgewinnung versorgt den Saal mit 4.300 m3 Frischluft. Das Gerät steht außerhalb der thermischen Hülle im Keller. Konvektoren unter den großen Fensterflächen in Bodenkanälen decken die Energieverluste des Saals und verhindern einen unbehaglichen Wärmeabfall an der 7 m hohen Glasfassade. Die Kombination von sehr guter Wärmedämmung, kontrollierter Lüftung und Dreifach-Verglasung führte zu einem sog. Drei-Liter-Haus. Ein durchgehendes estrichbündiges Bodenkanalsystem ermöglicht die flexible Bereitstellung von Elektro- und Datenmedien für verschiedene Konferenz-Bestuhlungen. Die Veranstaltungstechnik wird über ein Tablet gesteuert.
Akustik
Oberhalb des dritten Rautenbrettes wurde die horizontale Holzschalung mit 2 cm Fuge montiert. Über dem Rednerplatz reflektieren aufgelegte Hartfaserplatten den Schall, im hinteren und seitlichen Bereich wird er durch Mineralwolle absorbiert. Eine rückwärtig gelochte Holzwand verhindert, dass der Schall in den Raum zurückgeworfen wird. Insgesamt wurde eine Nachhallzeit von 1,2 Sekunden eingehalten.
In den Abendstunden erstrahlt der Saal im indirekten Licht (Foto: Steffen Spitzner)
Beleuchtung
Die Glasfassade ist für genügend Tageslicht dimensioniert. In den Abendstunden erstrahlt das Gewölbe beeindruckend im dimmbaren indirekten Licht der LED-Beleuchtung. Dafür wurden maßgenaue LED-Leuchten mit 2.700 K Lichtfarbe in die Rautenzwischenräume und gegenüber an eine horizontale Strebe der Glasfassade montiert. Durch die helle Lasur des Holzes wird das Licht in den Raum zurückgeworfen. Eine Beleuchtungsstärke von 300 Lux erhellt die Tische.
Wärmeschutz
Das Gebäude wurde mit 38 cm Einblasdämmung in Dach- und Wandebene gedämmt. Die nordorientierte Dreifach-Verglasung dämmt sehr gut, bringt aber kaum solare Wärmestrahlung in den Raum. Die internen Wärmegewinne der 200 Zuhörer kompensieren dies vollständig. Wenn der Saal im täglichen Vorlesungsbetrieb eingebunden wäre, würde er aufgrund der inneren Wärmequellen die Passivhausgrenzwerte einhalten. Da er aber einem industrienahen Forschungsinstitut gehört und nicht täglich genutzt wird, werden rechnerisch nicht genügend innere Wärmelasten eingebracht. Der Raum wird in Leerstandszeiten nicht voll beheizt und benötigt daher auch sehr wenig Heizenergie. Der Heizwärmebedarf ist mit 14 W/m2 etwas über dem PHPP-Richtwert. Der Heizwärmebedarf von 15 kWh/m2a wird eingehalten. Modernste elektrische Sensoren überwachen die Feuchtigkeit der Konstruktion im Spritzwasserbereich, an Traufe und Ortgang. Optische Glasfaser-Sensoren auf dem Gewölbe überprüfen die Durchbiegung der Konstruktion. Langfristiges Ziel ist es, dass sich das Gebäude selbstständig per App an den Facility Manager wendet, wenn es deutliche Abweichungen von der Norm erkennt.