Gemeindehaus in der Schweiz
(in: BAUKULTUR 4_2018, S. 16-17)
Das Volumen einer bestehenden Scheune in der Kernzone der Schweizer Gemeinde Unterengstringen war richtig gesetzt und gut proportioniert. Daher wurde für das neue Gemeindehaus das Instrument des Ersatzes gewählt. Es entstand nach Plänen des Architekturbüros Tilla Theus und Partner AG aus Zürich.
Eloxierte Aluminiumschindeln mit den Symbolen des Wappens von Unterengstringen ziehen sich als durchgehender Laserprint über die Fassade
Öffentlichkeit als Prinzip
Der Zugang des Gebäudes wird über eine eingezogene Fassadenfront akzentuiert. Das ausladende Vordach ist prägnant und mehrgeschossig, was ebenso wie der Giebelerker an der westlichen Fassade den öffentlichen Charakter verdeutlicht. Eloxierte Aluminiumschindeln mit den Symbolen des Wappens von Unterengstringen ziehen sich als durchgehender Laserprint über die ganze Fassade und auch die Eingangshallenfenster. Bei den Bürofenstern wird er sprossenartig ausgedünnt. Die Eingangshalle verbindet Straße und Platz. Versetzte Treppen, verschränkte Galerieauskragungen und Schiebeelemente lassen sie zu einem dreigeschossigen Begegnungsort werden.
Innovatives Fassadenkonzept
Für die Fassadengestaltung setzten die Architekten ein innovatives Konzept um, das die Variationsmöglichkeiten der Außenverkleidung weiterentwickelt und mithin mutig das Neue wagt. Generell ging es darum, dem Amtshaus einer heterogen wachsenden Agglomerationsgemeinde eine sinnstiftende Wirkung nicht allein für die Behörden, sondern in erster Linie für die Bevölkerung zu verleihen. Es soll deshalb Selbstbewusstsein ausstrahlen, Stolz, Schönheit und Unverwechselbarkeit. Für diese Botschaft wurde die Hauptfassade gewählt, jedoch sind die anderen drei Fassaden und das Dach miteinbezogen. Denn das Ziel bestand auch darin, das neue Gemeindehaus harmonisch in die Umgebung zu integrieren, wenn auch mit starkem eigenem Charakter.
An der Stirnfassade bildet der Giebelerker des Gemeinderatssaales einen Akzent, um auch auf dieser Seite den öffentlichen Charakter des Gebäudes zu verdeutlichen
Kommunale Identität
Das Gemeindewappen steht für kommunale Identität. Als zu gewöhnlich, zu phantasielos durften es weder Wappenschilder noch Fahnen oder Flaggen sein. Die Entscheidung fiel auf eine originäre Lösung, einen farbenbetonenden Wappen-Scherenschnitt, der bei den Fenstern zur jugendstilartigen Sprossung ausgedünnt wurde und bei der mehrgeschossigen Halle konsequent in Originalgröße erhalten blieb. Das Gelingen bedingte neben der gestalterischen Innovation auch eine technische. Zur Herstellung und Montage der Prints wurde Neuland beschritten, da die Transparenz und mit ihr die optische Leichtigkeit der Fassade von großer Bedeutung waren. Im Ergebnis bieten sich Ein- und Durchblicke von Außen nach Innen und umgekehrt, was das für die Verwaltung geltende Öffentlichkeitsprinzip symbolisiert. So sehr die Fassade künstlerische Qualität besitzt, so wenig handelt es sich um l‘art pour l‘art. Realisiert wurde in doppelter Weise ein Zweckbau. Er dient einerseits dem rationalen Zweck der Verwaltung und anderseits dem ideellen Zweck, Unterengstringen als heimatliche Gemeinschaft zu erleben.
Die Fassade bietet Ein- und Ausblicke von außen nach innen und umgekehrt
Reduktion der Mittel
In enger Zusammenarbeit zwischen Architektin und Unternehmer wurden die Bausteine des Gesamtsystems prozesshaft entwickelt, wobei auch die produktionsspezifischen und wirtschaftlichen Aspekte Eingang in den Gestaltungsprozess fanden. Ausschlaggebend für den Erfolg war die konsequente Reduktion der gestalterischen Komplexität auf wenige, standardisierte Elemente. Entsprechend konnten diese dann seriell hergestellt und effizient montiert werden. Hierbei waren Spitzentechnologie bei der maschinellen Ausrüstung und beim Datenaustausch sowie kurze Wege zwischen Herstellung und Montage von großer Bedeutung. Das Gemeindehaus Unterengstringen spiegelt gekonnt die Mittel der architektonischen Gestaltung wider, deren Umsetzung einen ebenso zeitgenössischen und unternehmerischen Kontext erforderte.