Erweiterung der Kunsthalle Rostock
(in: BAUKULTUR 2_2019, S. 18-19)
Die Kunsthalle Rostock ist der erste DDR-Museumsneubau, der durch ein Schaudepot für die Kunstgattungen Grafik, Malerei und Skulptur ergänzt wird. Damit wird die Kunst dem Besucher bereits in der Lagerung erschlossen und zugänglich gemacht. Das neue Ensemble bildet eine zeit- und zugleich raumgreifende Klammer: Schon seit Beginn sollte der Ausstellungsbau ein Depot erhalten. Die Planung und Realisierung durch Buttler Architekten in Arbeitsgemeinschaft mit Matrix Architektur gelangen aber erst jetzt, nach 50 Jahren.
Konsequente Entmaterialisierung
Während der Ursprungsbau aus dem Jahr 1969 seine Ausstellungsfläche introvertiert in einem Kunststein-Klinker-Kubus entwickelt, ist das Thema des Schaudepots die Erlebbarkeit von Kunst im Stadtraum unter hohen klimatischen und sicherheitstechnischen Anforderungen. Minimalismus, Zurückhaltung und Vielschichtigkeit prägen den Neubau, der sich in Bauvolumen und Ausbildung nicht nur gegenüber dem Bestandsgebäude zurücknimmt, sondern sich prinzipiell der Kunst in allen Aspekten unterwirft. Eine konsequente Entmaterialisierung von Innenraum und Gebäudehülle gibt dem Geheimnis Kunst nach Innen und Außen einen besonderen Raum.
Räumliche Organisation
Im Erdgeschoss sind Flächen für Skulpturen und Plastiken vorgesehen sowie ein weiterer Ausstellungsbereich mit besonders wertvollen Sammlungsbeständen von nationaler wie auch internationaler Bedeutung. Das Obergeschoss ist als kombiniertes Gemälde- und Grafik-Schaudepot mit Gemäldezuganlage und umfangreichen Grafikschränken als Rollanlage so geplant, dass ein Rundgang auch bei ausgezogenen Gemäldezügen möglich ist. Die Lager- und Ausstellungsflächen sind generell flexibel in einem möglichst stützenarmen Gesamtraum angeordnet. Der Sammlungs-bestand umfasst aktuell etwa 200 Skulpturen, 520 Gemälde und 6.000 grafische Blätter.
Komplexität in Minimalismus
Das Schaudepot ist in technischer Hinsicht ein multifunktionales Bauwerk mit sehr strengen Anforderungen an eine hohe Gebäudesicherheit, exakt einzuhaltende klimatische Bedingungen im Inneren sowie die notwendige Ausgrenzung von Tageslicht zum optimalen Erhalt der gelagerten Kunstwerke. Eine besondere Herausforderung lag bei der Konzeption des Neubaus im Zusammenspiel zwischen der angestrebten, öffentlichen Erlebbarkeit und dem gleichzeitigen Schutz der Ausstellungsstücke.
Durch die Öffnung des Hauses für Besucher wird das Raumklima immer wieder stark verändert. Um eine technische Lösung zu finden, wurde das Gebäude im Vorfeld als Klimamodell simuliert. Zur Einhaltung der notwendigen Werte in den geschlossenen Raumbereichen ist die Zahl der Besucher auf täglich zwei Gruppen mit jeweils höchstens 10 Personen begrenzt. Die maximale Besuchsdauer liegt bei täglich 6 Stunden. Optische und akustische Warnmeldungen weisen darauf hin, wenn die Grenzwerte innerhalb der möglichen Toleranzen in den Bereichen Gemäldezuganlage und Grafikdepot erreicht sind. Weitere unerwünschte Außeneinflüsse, neben der Feuchtigkeit und Temperatur, welche die Besucher in das Gebäude bringen, werden durch die extrem gut gedämmte Gebäudehülle nahezu ausgeblendet. Eine auf den Innenseiten der Wände installierte Wandheizung und -kühlung temperiert die Räume konstant gleichmäßig.
Lichtkonzept
Innen ist das Schaudepot ein tageslichtfreier Raum, in dem die Beleuchtung optimal zur Archivierung sowie zur freien Inszenierung der Kunstwerke eingesetzt wird. Die Lichtplanung erfolgte durch Aurelia Design. Die Anlage ist zu 100 % mit LED Leuchten ausgeführt. Dabei werden zwei Lichtprinzipien kombiniert. Die diffuse, gleichmäßige Aufhellung der Wandflächen in Form einer umlaufenden Lichtlinie wird ergänzt durch eine parallel laufende Stromschiene, in die nach Bedarf Strahler zur Akzentuierung eingeklickt werden können. Die Kunst kann mit Hilfe der gleichmäßigen Wandaufhellung im Sinne der Gleichheit und ohne jegliche Interpretation betrachtet werden. Der Strahler an der Stromschiene bietet dagegen die Möglichkeit der Inszenierung der Kunstwerke. Die Sammelvitrinen des Kleinplastikdepots haben zudem eine integrierte Beleuchtung. Alle Systeme im Innenraum sind in der Lichtfarbe neutralweiß 4000K und dimmbar ausgeführt.
Die Außenwirkung des Gebäudes sollte trotz der geschlossenen, fensterlosen Fassade des Depots luftig, leicht und in Verbindung mit der Kunsthalle stehen. Dafür wurden im Zwischenraum der Doppelfassade spezielle LED Lichtlinien montiert. Die Aufgabe bestand darin, die 8 m hohe Fassade möglichst gleichmäßig mit wenigen Leuchten (50 Stück) zu erhellen. Dafür wurden die LED-Platinen in der Leuchte mit einer bestimmten Kombination von breitenstrahlenden sowie hochstrahlenden Linsen bestückt. Ein weiterer Wunsch war die Möglichkeit der Farbveränderung der hinterleuchteten Fassade. Zu besonderen Anlässen besteht die Möglichkeit, die Fassadenfarbe von weiß zu farbig zu verändern. Auch hier ist die gesamte Fassadenbeleuchtung dimmbar und kann optimal auf die gedämpfte Umgebungsbeleuchtung des Schwanenteiches abgestimmt werden.