Sommerhaus in Wien
(in: BAUKULTUR 1_2021, S. 10-11)
In einer Zeit hochfliegender Bau- und Wohnkosten stellt der ökonomische Umgang mit Grund und Boden eine besondere Herausforderung dar. Das Wiener Architektur-Atelier Allcolours Architecture Urbanism realisierte im Jahr 2020 in einer Wiener Kleingartenkolonie ein markantes Sommerhaus, das die begeisterten Bauherren von einem „rosa Flamingo“ im baulichen Einerlei rundherum sprechen lässt.
Die Kleingartenanlage auf der Schmelz, in der sich der aus rot gefärbtem Dämmbeton und Glas gefertigte Flamingo erhebt, trägt den schönen Namen „Zur Zukunft“. Das passt zum Stil des Allcolours-Ateliers um Markus Taxer, das mehr im Sinn hatte als ein gewöhnliches Gartenhaus.
Extrovertiert und introvertiert
Zunächst ging es um die Struktur des nur 200 m² großen Grundstücks: Vorne gibt es eine Zone zum Spielen. Dann folgt eine Zone fürs Kochen, Essen und Feiern, an die sich ein ruhiger Teil des Gartens anschließt. Dieser Bereich ist gerahmt vom Haus, vom Pool und von Pflanzen. Das Erdgeschoss mit Wohnzimmer, Küche und WC steht dank seiner großflächigen Fensterfronten in Richtung Süden in direktem Kontakt zur umgebenden Natur. Durch die nach außen öffnenden Fenstertüren entstehen ein lebendiges Hin und Her und eine Auflösung von Drinnen und Draußen. Dieser Effekt wird verstärkt durch die Tatsache, dass der Esstisch auf besonderen Wunsch der Bauherren nicht im Haus, sondern im Garten steht. Im 1. Obergeschoss fühlt man sich hingegen definitiv drinnen. Hier sind die Schlafkojen das formgebende Element, die nicht nur zum Ruhen einladen, sondern auch ein Höchstmaß an Privatsphäre und Rückzug gewähren.
Treppe als Skulptur
Die vom Haus abgerückte Treppe wurde von Beginn an als begehbare Skulptur konzipiert: „Die Treppe steht buchstäblich neben dem Haus. Um den abgelösten Eindruck zu verstärken, wurde sie mit nur 4 Glasscheiben ohne zusätzliche Unterkonstruktion eingehaust. Im Bauch der Treppenskulptur sind notwendiges Inventar wie eine Waschmaschine und dergleichen untergebracht“, so Architekt Taxer.
Farbkonzepte
Haus und Treppenhaus haben unterschiedliche Farbkonzepte. Als wichtigstes Material dient rot eingefärbter Dämmbeton. Das Rosa kontrastiert nach außen zum Grün des Gartens und zu den Brauntönen der Holzhäuser in der Umgebung. Innen erzeugt die Colorierung, hergestellt durch die Zugabe von rotem Farbpigment im Beton, für angenehm weiche Lichtstimmungen. Als Kontrast ist die Treppe aus grauem Sichtbeton mit geschliffenen Oberflächen gefertigt.
Kollektiv der Superlative
Am Beginn der Planung stand die intensive Zusammenarbeit aller am Bau Beteiligten. Statik und Baufirma haben sich massiv in die Umsetzung eingebracht, genauso wie der Betonhersteller und die Cooperative Leichtbeton oder ein Start Up, das mit kabelloser Sensortechnik während der Aushärtungsphase für die Betonüberwachung zuständig war. Die Statik lag in den Händen von Werkraum Ingenieure ZT Peter Bauer: „Der Entwurf lieferte alle Voraussetzungen, die man braucht, um ein Haus quasi fliegen zu lassen. Geschosshöhe, zugleich tragende und dämmende Wände aus Leichtbeton und ein stabiler Kern sind dafür eine Notwendigkeit, weiters die Bereitschaft, die nicht tragende Stiege daneben zu stellen. So macht das Konstruieren von Tragwerken Spaß!“ Dieser Spaß überträgt sich nun auf die Bauherren: „Der erste Anblick war ein Wahnsinn – ein schwebendes rosa Haus. Was uns am meisten taugt, sind die Schlafzimmer. Trotz Beton, Beton und Beton sind sie unglaublich heimelig.“