Smart-Tech ersetzt High-Tech

Mehrfamilienhaus in Dornbirn
(in: BAUKULTUR 3_2021, S. 18-19)

Mit dem 2020 fertig gestellten Neubau in Dornbirn im österreichischen Bundesland Vorarlberg wurde erstmals ein Wohnhaus nach den Grundsätzen des Energiekonzepts 2226 von Baumschlager Eberle Architekten errichtet. Das bedeutet, dass im Jahresmittel Wohlfühltemperaturen zwischen 22°C. und 26°C. eingehalten werden. Das Gebäude kommt dabei maßgeblich ohne Geräte für Heizung, Kühlung und Lüftung aus.

Baumschlager Eberle 1

Mit seiner Ausrichtung nach Westen und der Hanglage wird das Gebäude vom Licht begünstigt. Auf die Biegung des Grundstücks antwortet die Geometrie mit einer Staffelung des Baukörpers, die ohne besondere Gestik das Eindeutige der Zeilenform relativiert. Städtebaulich bieten Volumen und Geometrie einen Dialog zu den Einfamilienhäusern am Hang und den darunter liegenden Wohnsiedlungen an.

Solider Charakter
Der Bauherr hatte sich ein Mehrfamilienhaus mit acht Wohneinheiten samt Tiefgarage gewünscht. Die im Grundriss identischen Drei-Zimmer-Wohnungen werden über zwei Treppenhäuser erschlossen. Jede Wohnung verfügt über eine Terrasse bzw. einen Balkon. Während das Untergeschoss mit der Tiefgarage und den Kellerabteilen in Betonbauweise errichtet wurde, sind die Obergeschosse als Ziegelkonstruktion mit Kalkputzfassade ausgeführt – gemäß dem Wunsch nach einem Gebäudetyp mit hochwertigem, solidem Charakter.

Baumschlager Eberle 2

Wohlfühltemperaturen
In 2226 Bauweise konzipiert, kommt das Gebäude ohne konventionelle Heizungsanlage aus: Menschen strahlen ständig rund 80 W auf ihre Umgebung ab. Durch die Abwärme der Menschen im Haus sowie der Beleuchtung und Geräte hält sich die Grundtemperatur von selbst. Ergänzend zum thermischen Speicher des Baukörpers wurde auf dem Dach eine Photovoltaik-Anlage installiert. Sie dient der Warmwasseraufbereitung und Gebäudetemperierung, während Infrarotpaneele bei Bedarf zusätzliche Wärme in die Wohnungen bringen. Die überschüssige Energie wird in einer Batterie zwischengespeichert. Somit verfügt diese Anlage über eine Art ökologische Rückversicherung. All dies führt dazu, dass im Jahresmittel die namensgebenden Wohlfühltemperaturen zwischen 22°C. und 26°C. eingehalten werden. Voraussetzung für den wirtschaftlich relevanten Verzicht auf Betriebsenergie und Wartungskosten sind die Baukonfiguration sowie die effiziente Steuerung der Energieströme in der Anlage mittels des 2226 Operating Systems. Es steuert Wärmehaushalt, Feuchtigkeit und CO2-Gehalt der Innenraumluft über automatisierte Lüftungsflügel.

Komfortzone
Für ein optimiertes Raumklima spielen jedoch noch weitere Faktoren eine Rolle: Die Wärme der Innenwände ist ähnlich der Raumtemperatur, die Luftfeuchtigkeit bewegt sich zwischen den erstrebenswerten 40 und 60 %. Das Resultat zeigt sich in einem spürbaren Wohnkomfort, der aus natürlichen Ressourcen gewonnen wird und kostengünstig ist, wobei die Umweltbelastung durch den geringeren Energieaufwand zurückgefahren wird

Baumschlager Eberle 3

In Summe ist in Dornbirn ein Mehrfamilienhaus entstanden, das sich durch eine ressourcenschonende, einfache Bauweise auszeichnet. Der technische Aufwand wurde dabei bewusst reduziert, um die Langlebigkeit und damit die Nachhaltigkeit des Gebäudes deutlich zu steigern. Wo die Bauweise an ihre traditionellen Grenzen stößt, greift zeitgemäße Software ein, um den Wohnkomfort zu erhöhen. Smart-Tech ersetzt High-Tech, um aus wartungsintensiven Wohnmaschinen atmosphärisch angenehme Häuser für Menschen zu errichten.

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