BAUKULTUR 3_2022: Editorial

(in: BAUKULTUR 3_2022, S. 3)

Liebe Leserinnen und Leser,
verehrte Freunde der Baukultur,

Krieg. Niemand bleibt unbeteiligt. Russische Truppen haben grundlos die Ukraine überfallen und verursachen dort unendliches Leid. Dieser Krieg hat uns aufgerüttelt, in Angst und Schrecken versetzt, hat ein radikales Umdenken verursacht. Es ist nicht der erste Krieg seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Zahlreiche Kriege sind geführt worden und werden noch immer geführt. Jeder einzelne ist zu beklagen. Aber nie ist uns seitdem ein Krieg so nahe gekommen. Die Bilder und Reportagen wühlen uns auf und sind unerträglich. Aber wir dürfen nicht wegschauen. Wir müssen helfen, das Leid zu lindern, wir müssen den Flüchtenden helfen, und wir müssen der Ukraine beistehen und auf ein schnelles Ende des Krieges drängen.

Beistehen bedeutet Verzicht. Wir geben Zeit, Aufmerksamkeit und Geld und werden darüber hinaus Einschränkungen akzeptieren müssen. Viele dieser Einschränkungen werden über Jahre hinaus unser Leben verändern. Wir erkennen, dass unser Wohlstand, unsere Sicherheit und Freiheit und unsere demokratischen Grundwerte keine gesicherte Ordnung darstellen, die – einmal erreicht – stabil bestehen bleibt, sondern etwas, das wir schützen und stetig neu erarbeiten müssen. Um es klar zu sagen: Wohlstand und Sicherheit sind keine Insellösungen, sondern sie sind inklusiv. Sie funktionieren nur in einer Welt, die auf Ausgleich bedacht ist. Keine Nation darf ausgeklammert werden, keine Region vergessen. Strategien sind notwendig, die bereits in der Coronapandemie für eine möglichst gerechte Verteilung von Impfstoffen sorgen und die beim Klimaschutz diejenigen erkennen, die unmittelbar von Dürre und Überschwemmungen, Feuersbrünsten und Stürmen betroffen sind.

Die seit Jahren vorliegenden Erkenntnisse zum Klimawandel haben uns nicht von der weiter zunehmenden Verbrennung fossiler Brennstoffe abgehalten. Die Erderwärmung ist nachweislich angestiegen, und wir versuchen nun viel zu spät, den Ausstoß von schädlichen Klimagasen auf ein natürliches Maß zurückzuführen. Spätestens seit der Diskussion um das Embargo von russischem Erdgas, russischem Öl und russischer Kohle wird deutlich, dass hier noch viel zu wenig erreicht ist, und dass unsere Abhängigkeit und der fehlende Verzicht den Krieg wahrscheinlich verlängern. Für die Bundesregierung gibt es sicherlich respektable Gründe, hier abwägend zu handeln. Ich persönlich würde mir jedoch mehr Mut zur Einschränkung wünschen.

Der Kampf um Öl und Gas ist in den letzten Jahrzehnten zu häufig der Grund für kriegerische Auseinandersetzungen gewesen. Der Ruf nach einer Zeitenwende war bereits beim Klimaschutz lautstark zu hören, nun werden wir die Entwicklung mit noch mehr Kraft und Überzeugung vorantreiben müssen. Erneuerbare Energien müssen in naher Zukunft für alle verfügbar gemacht werden. Wind, Wasser, Geothermie und Sonne können regional mit unterschiedlichen Schwerpunkten maßgeblich zur Energiegewinnung eingebunden werden. Forschung und Entwicklung haben die Grundlagen geschaffen, und ich erwarte weitere große Schritte von Städten und Gemeinden, aber auch von Architekten und Ingenieuren bei der Bewältigung dieser Aufgaben.

Lassen Sie uns an einer gerechten, freien und nachhaltigen Welt weiterbauen!

Hoffnungsvoll, Ihr
Arnold Ernst
DAI Präsident

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