Antwort auf den Klimawandel

Geschäfts- und Bürogebäude in Düsseldorf
(in: BAUKULTUR 3_2022, S. 12-13)

Mit dem Entwurf für das KII in Düsseldorf haben ingenhoven associates einen dynamischen Stadtraum mit hoher Aufenthaltsqualität geschaffen. Kilometerlange Hainbuchenhecken schmücken die von Werner Sobek geplante Fassade des Büro- und Geschäftsgebäudes. Die gegenüberliegende Markthalle zeichnet sich durch ein begrüntes Pultdach aus, das bis auf den Boden reicht.

Sobek 1

Das Gebäude KII besticht nicht nur durch ein effizientes Gründungssystem, sondern beschreitet auch bei der Fassadenbegrünung Neuland. Mit über 30.000 Hainbuchen bepflanzt ist das Gebäude am Düsseldorfer Gustaf-Gründgens-Platz ein absolutes Novum in Europa. Städtebaulich ist die Ausbildung von Gründächern zum Teil bereits kommunal geregelt und vorgeschrieben – im Bereich der Fassaden gibt es jedoch noch viel Nachholbedarf. Bislang scheitert die Umsetzung oft an Vorbehalten gegenüber der Begrünung selbst, insbesondere in Bezug auf Investitions- oder Wartungskosten.

Going Green
Zur Begrünung der West- und Nordfassade wurde die Hainbuche gewählt, eine laubhaltende, heimische Pflanzenart. Die Hecken sind in einem Trogsystem eingesetzt und dabei so zueinander versetzt, dass eine natürliche Versorgung der Pflanzen mit Sonnenlicht und Regenwasser gewährleistet ist. Die Tragkonstruktion kragt teilweise über das Gebäude aus – eine integrale und iterative Abstimmung zwischen den Entwurfsverfassern von ingenhoven associates, den Tragwerksplanern der Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH und den Fassadenplanern der Werner Sobek AG war bei der Realisierung der Grünfassaden daher unerlässlich. Da die Gebäudeoberfläche an der Westseite zweifach gekrümmt ist, musste bei der Planung der Tragkonstruktion darüber hinaus ein ständiger Wechsel der Winkel und Abstände der Trogreihen zueinander berücksichtigt werden.

Sobek 3

Wartungskonzept
Um den Beschnitt und die Pflege der Pflanzen in der Fassade zu gewährleisten, wurden Wartungsstege und Sicherungssysteme für die Gärtner installiert. Die Fassadenaufbauten beinhalten Versorgungsysteme für Bewässerung, Düngerbeimischung und Entwässerung. Die installierte Technik regelt sich zum Teil selbsttätig auf Basis von Informationen zu Feuchte, Temperatur etc., die über die Fassade verteilte Sensoren liefern. Um die Anzahl der Durchdringungen der gedämmten Gebäudehülle möglichst gering zu halten, wurde eine spezielle Unterkonstruktion entwickelt. Diese dient gleichzeitig der Befestigung einer Blechbekleidung unterhalb der Grünfassade. Auf dieser können herabgefallene Blätter und Äste nach unten gleiten. Im Erdgeschoss wird das Grüngut in großvolumigen Rinnen gesammelt und durch die Landschaftsgärtner entnommen. Deren frühzeitige Einbindung war nicht nur wegen des Pflege- und Wartungskonzepts wichtig. Auch die Pflanzenauswahl musste frühzeitig abgestimmt werden.

Klimaeffekt
Bei Starkregen fungieren die Begrünung und der Substrat-aufbau als Zwischenspeicher für die Wassermassen. Bei Sonnenlicht dienen die Hainbuchen als natürliches Verschattungssystem und tragen zu einer Senkung der Umgebungstemperatur bei; gleichzeitig wirken sie der sommerlichen Überhitzung innerhalb der dicht bebauten Umgebung („Urban Heat Island“-Effekt) entgegen. Auf diese Weise werden das Mikroklima entscheidend verbessert und lokale Feinstaubkonzentrationen reduziert. Ein einzelnes Gebäude kann zwar nur bedingt zur Verbesserung des Stadtklimas beitragen. Die Begrünung der Fassaden und Dächer des Gebäudes KII bringt aber ein ansehnliches Stück Natur zurück in das Herz der Landeshauptstadt – und macht die Stadtmitte attraktiver und lebenswerter für alle.

Genderhinweis
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