Neubau des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr in Dresden
(in: BAUKULTUR 6_2011, S. 26-27)
Das Militärhistorische Museum in Dresden blickt auf eine über 100-jährige Geschichte zurück. Das Arsenal-Hauptgebäude beherbergte im Zentrum der Dresdner Albertstadt seit 1897 Sammlungen und Museen der Armee: ab 1897 die Königliche Arsenal-Sammlung, 1914 das Königlich Sächsische Armeemuseum, ab 1923/24 das Sächsische Armeemuseum, ab 1938 das Heeresmuseum der Wehrmacht (ab 1942: Armeemuseum) und ab 1972 das Armeemuseum der DDR. Nur 7 Monate vor der deutschen Einheit wurde das Museum in „Militärhistorisches Museum Dresden“ umbenannt.
Klassische Schmuckelemente stehen im Kontrast zu den Metalllamellen des Neubaus (Foto: MHM)
Neugestaltung
1994 wurde das Militärhistorische Museum Dresden (MHM) zum Leitmuseum im Museums- und Sammlungsverbund der Bundeswehr. Mit dem Einrufen eines wissenschaftlichen Beirats 1998 begann der Prozess der inhaltlichen-gestalterischen und im Anschluss auch der architektonischen Neugestaltung des Museums. Mit der Planung war der amerikanische Architekt Daniel Libeskind betraut. Am 15.10.2011 fand die Eröffnung statt.
Architektonische Gliederung
Der keilförmige, asymmetrische Neubau durchdringt den massiven, klassisch gegliederten Altbau. Eine transparente Fassade aus Metalllamellen überlagert den historischen Baukörper. Der Neubau stellt einen Einschnitt, eine Störung in das Gebäude dar und verändert nicht nur die äußere Gestalt, sondern auch das innere Raumgefüge grundlegend. Seine Räume folgen ihrer Funktion und stehen in klarem Kontrast zu dem starren, horizontal ausgerichteten Säulenraster des Altbaus. Immer wieder durchbricht der Neubau den Altbau und eröffnet dem Besucher auf allen Ebenen überraschende, räumliche Verschränkungen und Ausblicke.
Mit insgesamt 20.000 m² Ausstellungsfläche ist das Militärhistorische Museum Dresden das größte Museum in Deutschland.
Symbolik
Schon der Neubau als solcher ist als erstes und größtes Exponat des Museums zu verstehen. Er selbst wird zum „Gewaltinstrument“, das das Arsenal zerschneidet. Der Keil als Symbol organisierter Gewalt. Er bricht mit alten, autoritären, starren Strukturen und steht in seiner Transparenz für die Offenheit der demokratischen Gesellschaft und die veränderte Rolle des Militärs in Deutschland.
„Dresden-Blick“
30 m hoch und damit 8 m mehr als die säulenverzierte Triumphbogenfront des Mittelflügels eröffnet der Neubau aus der Spitze des Keils einen spektakulären und neuen Blick auf Dresden. Auch hier liegt Symbolik im Entwurf. Die Spitze des Keils verweist auf die Stelle, an der in der Nacht vom 13.2.1945 die ersten Bomben der Alliierten Luftangriffe einschlugen. Der Besucher wird auf die schwierige Geschichte der Stadt verwiesen und sieht gleichzeitig mit neuer Per-spektive auf ein sich stetig entwickelndes Dresden.
Räumliche Neuausrichtung
Die Gesamtkonzeption von Architektur und Dauerausstellung steht für das Nebeneinander von klassischen und neuartigen Sichtweisen und Ausdrucksformen. Tradition und Innovation – alte und neue Interpretationen von Militärgeschichte – bilden die Eckpunkte der Konzeption. Das Militärhistorische Museum bietet zwei Zugänge zur Militärgeschichte, die sich architektonisch und durch die Ausstellungsgestaltung unterscheiden: thematische Querschnitte im Neubau und chronologischer Rundgang im sanierten Altbau.
Themenparcours
Im Neubau werden Ausstellungsstücke nach übergeordneten Themen in größere Sinn-, Erfahrungs- und Funktionszusammenhänge gestellt. Dieser Museumsteil ist der Zusammenschau und der Vergleichbarkeit von ähnlichen, gleichen und verwandten Phänomenen, Prozessen und Erinnerungen gewidmet, die nicht nur einer Epoche zuzuordnen sind. Die Ausstellungsgestaltung schafft eine kritische Distanz zu den Exponaten und wirkt so der Faszination entgegen, die gewöhnlich mit einer klassischen militärtechnischen Ausstellung hervorgerufen wird.