Dunkle Schatten von Purpur bis Schwarz

Erweiterung eines Theaters in Nordfrankreich
(in: BAUKULTUR 4_2015, S. 18-19)

Mehr als 15 Jahre nach seiner ersten Renovierung konnte das Theater „La Comédie de Béthune" ein weiteres Mal zeitgemäß instandgesetzt und durch einen Neubau ergänzt werden. Die Fassaden lassen die verschiedenen Bauabschnitte deutlich erkennen, sind aber bei allen optischen Gegensätzen zu einem stimmigen Ganzen verbunden. Für sämtliche Planungen über all die vielen Jahre zeichnet Manuelle Gautrand Architecture, Paris, verantwortlich. Das neue Theater wurde 2014 eröffnet.

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Der Erweiterungsbau ist mit einer schwarzen Metailverkleidung ummantelt (Foto: Luc Boegly)

Renovierung und Neubau
1994 gewann das Büro Manuelle Gautrand Architecture den Wettbewerb zum Bau bzw. zur Renovierung des Theaters. Von Beginn an war klar – aber damals nicht umsetzbar, weil der Abriss eines bestehenden Eckgebäudes erforderlich gewesen wäre – dass zu gegebener Zeit ein Neubau das Ensemble ergänzen muss. Das Eckgebäude wurde 2009 abgerissen, womit der Neubau realisiert und der bereits bestehende Bau ein weiteres Mal renoviert werden konnte.

Ursprungsgebäude
Veränderte Sicherheitsvorschriften machten ein Upgrade des gesamten Gebäudes erforderlich. Im Vergleich zu einem konventionellen Theater waren viele Funktionen zwar vorhanden, aber es fehlte z. B. ein Probenraum. Dieser erste Bauabschnitt wurde in S-Form um das bestehende Haus herum gelegt. Das architektonische Konzept sah ein sehr kompaktes Ensemble mit nahe beieinander liegenden Räumen vor. Das voluminöse Gebäude besteht komplett aus Beton, lackiert in dunklem Purpur. Seine Form ist leicht gerundet, was ihm eine edle Erscheinung und eine gewisse Weichheit verleiht. Das imposante Volumen sollte nicht versteckt, sondern unterstrichen werden, aber seine Rundung und die warme Farbigkeit relativieren seine Mächtigkeit. Die Oberfläche zeigt ein grafisches Muster von schwarz lackiertem Backstein vom Boden bis zum Dach. Der stilisierte Fries gibt diesem Teil der Fassade einen gewissen Maßstab.

Bauliche Erweiterung
Die Erweiterung war seit langem von der Stadt und dem Theater gleichermaßen gewünscht. Es dauerte mehr als 10 Jahre, bis der Erwerb des Eckgrundstücks das Hauptziel der architektonischen Maßnahme ermöglichte. Für das Büro ergab sich die wunderbare Möglichkeit, einen echten „Anhang" zu planen an das Gebäude, das einst erdacht, dann gebaut und schließlich erweitert wurde.
Die Erweiterung des voluminösen, runden Theaters in Purpur war nicht einfach. Man wollte nicht den gleichen Stil wiederholen. Die Architekten wählten daher ein schlichtes Volumen, beinahe rechteckig, das den Winkel zwischen zwei Straßen schließen sollte. Symbolisch scheint dieser Neubau alle Funktionen zu verbinden, um die Entfernungen für die Nutzer zu erleichtern. Die Lobby umspannt den neuen Probenraum und öffnet sich zu beiden Straßen. Sie verbindet Probenraum und historische Halle. Ihre Länge erlaubt das Einrichten mehrerer Bars und Rückzugsmöglichkeiten für Künstler und Zuschauer.

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Große schwarze Rhomben umfangen die purpurne Fassade des Ursprungsgebäudes und setzen sich in der Gewebestruktur der Metallverkleidung fort (Foto: Luc Boegly)

Inszenierung rund um das Schwarz
Der Erweiterungsbau ist in tiefem, wuchtigem Schwarz ummantelt. Um eine weiche Verbindung zum Ursprungsgebäude herzustellen, ist dieses Schwarz umgesetzt in Form eines Gewebes aus Metallpaneelen, deren Zeichnungen von großen Rhomben denen der runden Form in Purpur entsprechen. Die Rhomben scheinen von einem Volumen in ein anderes zu wechseln, sie basieren auf zwei verschiedenen Formen. Beim Ursprungsgebäude wurden die Rhomben mit Schablonen auf den Beton aufgebracht. Bei der Erweiterung sind sie in die Metallverkleidung integriert, wechselnd zwischen einem matten und einem glänzenden Schwarz. Das Ursprungsgebäude erhielt einen diagonalen Rahmen, der die Befestigung der Formteile erlaubt. Die „Wellen" dieser Paneele, matt und glänzend, reagieren unterschiedlich auf Licht, je nach seiner Intensität und ihrer Orientierung dazu. Die Übertragung der gewaltigen Rhomben auf die bestehende Purpur-Fassade ist auch ein filigranes Zitat der Arbeit des Künstlers Pierre Soulages.
Das Projekt wird durch das Eckgebäude mit seinem tiefschwarzen, mächtigen Volumen komplettiert, quasi einer Verankerung des Theaters im Zentrum der Stadt. Das „schwarze" Schwarz wirkt gelegentlich sehr hell, wenn das Tageslicht auf die Fassade trifft, vergleichbar dem malerischen Werk von Pierre Soulages. Das Schwarz wird leuchtend, strahlend und beinahe weiß, das Gebäude in seiner Gestalt verfeinert und zurückgenommen, es wirkt beinahe kristallin und vervollständigt auf diese Weise das bestehende runde Volumen durch eine strengere geometrische Gestalt.

Kohärenz der Farben
Das Herz des Projekts verbleibt in der Kohärenz der ursprünglichen Farbtönung: Eine Mischung aus dunklen Schatten von Schwarz bis Purpur. Nur die Einrichtung ist in einem sehr brillanten Weiß gestrichen, ebenso Teile der Wände, die einen hellen, beinahe fluoreszierenden Gegenpart zum sonstigen Schwarz der Wände bilden. Die Deckenbeleuchtung aus langen Röhren erinnert an die Falze der schwarzen Gebäudehülle, die bei Tageslicht gebleicht erscheinen.
Eine der letzten Entscheidungen des Entwurfs war die Frage, ob die ursprüngliche Fassade des ehemaligen Filmtheaters entfernt werden sollte. Sie wirkte nach ihrer damaligen Restaurierung in Pastelltönen etwas veraltet und wurde komplett in Purpur lackiert.

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