Über 300 Fallbeispiele in einem Buch? Das klingt eher nach Zettelkasten oder nach der Sammelwut früher Enzyklopädisten. Dennoch, das Buch verführt – zunächst einmal zum Blättern. Staunend stößt man auf die Abbildung eines archaischen Dogondorfs und wenige Seiten weiter auf das ultramoderne Rolex Learning Center der ETH Lausanne. Was verbindet die hängenden Gärten von Seramis mit einem Bürogebäude der Swiss Re in München?
Und was haben eine Jurte in der äussersten Mongolei, ein Bauernhaus im Simmental und das Fakultätsgebäude einer englischen Hochschule gemeinsam? Und dann stellen sich beim Blättern immer neue Fragen ein: Sind Stroh und Schilf die Baustoffe der Zukunft oder Stahl, Glas und Beton? Was können wir von der Natur fürs Bauen lernen und was von neuesten Technologien und Materialien? Und schliesslich: Wieviel Geschichte brauchen wir in unserer gebauten Umgebung und wie gelingt es, auch im Neuen bleibende Werte zu schaffen?
Und natürlich ist das Buch viel mehr als ein Zettelkasten. Vielmehr folgt die Darstellung einem gedanklichen Zusammenhang, der sich überzeugend erschliesst: Ulrich Pfammatter, Architekturdozent an der ETH Zürich und weiteren Hochschulen, führt in seinem Buch nicht nur die Vielfalt von Konzepten nachhaltigen Bauens vor Augen, sondern verbindet dies auch mit einem sensiblen Blick auf die kulturellen Bedingtheiten. Nicht zufällig beginnt das Buch mit einem Kapitel über den Genius loci – den unverwechselbaren Ort, der Identität, Heimat vermittelt und zugleich offen für Wandel sein muss, wenn er solche bleiben will.
Vom Augenschein zur Theorie
Mit 333 kommentierten Fallbeispielen und rund 1800 Abbildungen zeigt das Buch eine Vielfalt an planerischen und architektonischen Möglichkeiten auf, wie mit zukunftsbezogenen Strategien und Entwicklungen auf den permanenten Kultur- und Klimawandel reagiert werden kann. Viele der Beispiele hat der Autor auf ausgedehnten Reisen selbst in Augenschein genommen und fotografiert. Die Leidenschaft fürs Thema spürt man auch in der sorgfältigen Darstellung jedes einzelnen Falls. Bei aller Vielfalt folgt die Darstellung der Beispiele einer klaren Systematik, die es leicht macht, sich im Buch zu orientieren. Der Einzelfall ist immer in einen übergeordneten Zusammenhang eingebunden.