Seit dem 17.07.2013 ist die HOAI 2013 in Kraft. Neben den originär honorarrechtlichen Regelungen haben im Zuge der jüngsten Reform auch die Leistungsbilder Änderungen erfahren.
Änderungen gab es sowohl hinsichtlich der prozentualen Gewichtung im Rahmen der Gesamtvergütung als auch hinsichtlich der von der HOAI beschriebenen Leistungsinhalte (Leistungsbilder). Vergütung, Leistung und Haftungsgefahren haben sich dadurch verschoben – nicht überall zu Gunsten der Architekten und Ingenieure. Am Beispiel der Leistungsphase 1 „Grundlagenermittlung“ im Rahmen der Objektplanung lässt sich dies anschaulich nachvollziehen. Architekten und Ingenieure sollten auf diese neue Situation reagieren und unbedingt auf eine angemessene Vertragsgestaltung achten.
I. Grundlagenermittlung – Änderungen im Rahmen der jüngsten HOAI-Reform
1. Prozentsatz
Der Prozentsatz für die Vergütung wurde im Zuge der HOAI-Reform 2013 von 3 % auf 2 % reduziert, § 34 Abs. 3 Nr. 1 HOAI. Die zumindest vergütungsbezogen ohnehin schon geringere Bedeutung der Leistungsphase 1 wurde damit weiter reduziert.
2. Leistungsbild
Im Zuge der HOAI-Reform 2009 (mit Wirkung zum 18.08.2009) blieb das Leistungsbild noch unverändert, sowohl hinsichtlich der Grundleistungen als auch hinsichtlich der Besonderen Leistungen. Die Reform 2013 brachte folgende Änderungen hinsichtlich der Grundleistungen und Besonderen Leistungen:
Grundleistungen |
Besondere Leistungen |
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Stand bis 17.07.2013 |
Stand seit 17.07.2013 |
Stand bis 17.07.2013 |
Stand seit 17.07.2013 |
a) Klären der Aufgabenstellung |
a) Klären der Aufgabenstellung auf Grundlage der Vorgaben oder der Bedarfsplanung des Auftraggebers oder vorliegender Planungs- und Genehmigungsunterlagen |
Bestandsaufnahme |
Bestandsaufnahme |
b) Ortsbesichtigung |
Standortanalyse |
Standortanalyse |
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b) Beraten zum gesamten Leistungsbedarf |
c) Beraten zum gesamten Leistungs- und Untersuchungsbedarf |
Betriebsplanung |
Betriebsplanung |
c) Formulieren von Entscheidungshilfen für die Auswahl anderer an der Planung fachlich Beteiligter |
d) Formulieren der Entscheidungshilfen für die Auswahl anderer an der Planung fachlich Beteiligter |
Aufstellung eines Raumprogramms |
Aufstellen eines Raumprogramms |
d) Zusammenfassen der Ergebnisse |
e) Zusammenfassen, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse |
Aufstellen eines Funktionsprogramms |
Aufstellen eines Funktionsprogramms |
Prüfen der Umwelterheblichkeit |
Prüfen der Umwelterheblichkeit |
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Prüfen der Umweltverträglichkeit |
Prüfen der Umweltverträglichkeit |
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Bedarfsplanung |
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Bedarfsermittlung |
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Mitwirken bei Grundstücks- und Objektauswahl, -beschaffung und -übertragung |
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Beschaffen von Unterlagen, die für das Vorhaben erheblich sind |
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technische Substanzerkundung |
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Machbarkeitsstudie |
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Wirtschaftlichkeitsuntersuchung |
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Projektstrukturplanung |
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Zusammenstellen der Anforderungen aus Zertifizierungssystemen |
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Verfahrensbetreuung, Mitwirken bei der Vergabe von Planungs- und Gutachterleistungen |
II. Auswirkung
Die vom Architekten/Ingenieur zu bewältigenden Aufgaben in der Leistungsphase 1 haben sich ausgeweitet, das Honorar hingegen wurde um 1/3 reduziert.
Bei den Grundleistungen wird man in weiten Teilen sagen können, dass die HOAI 2013 hier lediglich klarstellende Erweiterungen enthält, z.B. bei der „Ortsbesichtigung“ oder auch der „Beratung zum Untersuchungsbedarf“. Allerdings führen schon die laufenden technischen und rechtlichen Entwicklungen auch dort zu einer Erweiterung der Leistungspflichten, etwa im Zusammenhang mit den jeweiligen Vorgaben der EnEV und damit einhergehenden Beratungsbedarfs. Schon die lange Liste an zusätzlichen Besonderen Leistungen zeigt deutlich, dass sich hier das Anforderungsprofil insgesamt verschoben hat. Zwar ist die Vergütung für die Besonderen Leistungen nach wie vor frei vereinbar (Vergütungsseite, § 3 Abs. 3 Satz 3 HOAI) und die Besonderen Leistungen sind nicht ohne weiteres Vertragsgegenstand (Leistungsseite), wenn im Vertrag nur auf die Grundleistungen der jeweiligen Leistungsphase Bezug genommen wird – dennoch ist es in der Praxis so, dass häufig das gesamte HOAI-Leistungsbild (also Grundleistungen und Besondere Leistungen) in Bezug genommen und damit Vertragsgegenstand wird. Wird für die Besonderen Leistungen dann ein Honorar von EUR 0,00 vereinbart, was möglich ist, steht der erheblichen Leistungserweiterung kein, vielmehr sogar noch weniger Honorar gegenüber als dies bisher der Fall war (2 % statt 3 %).
Die Ausweitung der Leistungspflichten bringt auch eine Ausweitung der Haftungsgefahren mit sich. Fehler, die bereits in der Leistungsphase 1 gemacht werden, erweisen sich zudem häufig als „Gendefekt“ der gesamten Planung und Realisierung des Bauvorhabens und sind damit sogar besonders haftungsträchtig.
Die rechtliche Lösung für diese „Schere“ kann für die Architekten und Ingenieure nur in einer umsichtigen Vertragsgestaltung und angemessenen Honorarvereinbarung liegen.
Weitere Informationen: ZIRNGIBL LANGWIESER, Rechtsanwälte Partnerschaft, www.zl-legal.de
Ansprechpartner: Dr. Andreas Dingler, Rechtsanwalt, Tel.: 089 – 290 50 242, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!