In Qingdao, China, hat das EcoCommercial Building Programm mit seinen Partnern ein Netto-Nullenergie-Bürogebäude entwickelt und realisiert – das neue Verwaltungsgebäude des Polyurethan-Systemhauses von Bayer.
Das Bürogebäude ist ein Leuchtturmprojekt mit Vorbildfunktion für China: mit einer gut gedämmten Gebäudehülle, thermischer Bauteilaktivierung in Kombination mit Geothermie, einer Photovoltaikanlage sowie energieeffizienter LED-Beleuchtung. Das Gebäude verbraucht nur rund 46 kWh/m²/a gemäß der Gebäudesimulationen, die während der Bauphase erstellt wurden. Chinesische Vergleichsbauten im herkömmlichen Baustandard verbrauchen deutlich mehr als das Doppelte. Die Photovoltaikanlage soll jährlich ca. 80,35 MWh Strom erzeugen und damit etwas mehr, als im Schnitt verbraucht wird. Insgesamt lassen sich bis zu 195 Tonnen CO2-Ausstoß pro Jahr vermeiden. Und in der Tat, nach dem ersten komplett überwachten Jahreszyklus von Energieerzeugung und -verbrauch des Gebäudes bei Vollbetrieb ergibt sich ein Plus von 4,92 kWh/m²/a in der Energiebilanz. Das heißt, das ehrgeizige Ziel eines Netto-Null-Energiegebäudes wurde sogar übertroffen. Das Gebäude erhielt zudem die Auszeichnung LEED Gold.
Das Bürogebäude des Polyurethan-Systemhauses von Bayer kombiniert u.a. eine gut gedämmt Gebäudehülle mit Geothermie, einem thermisch-aktivierten Bauteilsystem sowie einer Photovoltaik-Anlage
Gebäudehülle nach Maß
Basis des nachhaltigen Verwaltungsbaus mit einer Nutzfläche von 1.163 m² auf zwei Etagen ist die gut gedämmte Gebäudehülle. Verwendet wurde eine Dämmung auf Basis von Polyurethan-Rohstoffen von Bayer. Das Dach ist ebenfalls mit einer leistungsstarken PU-Wärmedämmung versehen und erreicht einen U-Wert von 0,19 W/m²K. Um Energieverluste über die Fensterflächen zu minimieren, wurden Low-E-Gläser eingesetzt, ein Isolierglas, auf das eine hauchdünne Metallschicht aufgebracht ist. Sie schützt vor Überhitzung durch Sonneneinstrahlung und reduziert gleichzeitig Wärmeverluste. Die bei Bayer in Qingdao verbauten Fenster bestehen aus zwei 6 mm starken Glasscheiben mit einer 12 mm dicken Luftschicht dazwischen. Der Uw-Wert der gesamten Fenstereinheit liegt bei 1,9 W/m²K.
Das Gebäude ist zu 100% kohlenstoffneutral und verbraucht nur rund 46 kWh/m²im Jahr
Effizient heizen und kühlen
Eine reversible Wärmepumpe nutzt die Erdwärme und sorgt in Verbindung mit der thermischen Bauteilaktivierung für eine angenehme Temperierung der Büroräume. Zur Nutzung der Geothermie wurden 12 Löcher bis zu einer Tiefe von 100 m gebohrt. Die konstante Temperatur in dieser Tiefe sorgt für Wärme im Winter und Kühlung an heißen Tagen. Die Kühlkapazität der Wärmepumpe liegt bei 50 kW, die Heizkapazität bei 110 kW.
Kombiniert ist die Wärmepumpe mit einem System zur thermischen Bauteilaktivierung vom ECB Partner Uponor: Es nutzt die thermische Masse des Betons und der Stahlstruktur im Gebäude durch den Einbau eines Rohrsystems in den Boden- und Deckenplatten, in dem warmes bzw. kühles Wasser zirkuliert. Der Betonkern wird zur Speicherung und zum Austausch thermischer Energie genutzt, kurz als thermischer Energie-Speicher. So tragen Decken und Böden zur Deckung des Grundheizenergiebedarfs und zur Kühlung bei. Die Betonkernaktivierung reduziert den Einsatz der konventionellen Heizung/Kühlung auf ein Minimum, ohne negative Zuglufterscheinungen für die Mitarbeiter, und senkt darüber hinaus die laufenden Betriebskosten. In Verbindung mit einer regenerativen Energiequelle wie der Geothermie, ist es ein rundum nachhaltiges System.
Um Heiz- oder Kühlspitzen abzufedern, wird die thermische Gebäudeaktivierung ergänzt durch ein Flächenheiz-Deckensystem – sogenannte „Quick Elements“ – ebenfalls von Uponor: Diese bestehen aus pulverbeschichteten Stahlblechkassetten bzw. Langfeldplatten mit integrierten Kupferrohrmäandern, die in großflächig dimensionierte Aluminiumprofile eingepresst sind. Dieses System arbeitet wiederum in beide Richtungen – heizen und kühlen – und es werden hohe Heiz- bzw. Kühlleistungen erzielt. Zudem bietet das System in Verbindung mit einem speziell entwickelten Vlies auch hohe Schallabsorptionseigenschaften, und es beeinflusst die Raumakustik positiv.
Lösungsmittelfreie, wässrige Polyurethan Bodensysteme sind besonders robust, chemikalienbeständig und bieten hohen Gehkomfort
Raumluftgüte, Beleuchtung, Gehkomfort
Eine zentrale Klimaanlage führt frische und kühle – im Winter vorgewärmte – Luft zu und sorgt für eine gleichbleibend hohe Raumluftgüte. Ein Wärmerückgewinnungssystem am Ende der Luft-Verarbeitungseinheit verbessert die Energieeffizienz der Heizung bzw. Kühlung der frischen Außenluft. Ein in Europa weniger bekanntes, in China und anderen Ländern mit feuchtem Klima aber umso wichtigeres, energierelevantes Thema ist die Entfeuchtung – sie sorgt für Komfort in den Räumen. Zur Entfeuchtung muss die Luft zunächst abgekühlt werden, um Kondensationswasser zu entfernen, später wird die kalte Luft dann wieder erwärmt. Das Verfahren ist mit einem hohen Energieaufwand verbunden, insbesondere in Gebäuden mit einer hohen Luftaustausch-Frequenz für eine konstante Raumluftgüte.
Durch eine effiziente LED-Beleuchtung der Shanghai Sheenly Lighting Co., Ltd kann der Energieverbrauch wiederum deutlich reduziert werden. So erzeugt eine 24 W LED Leuchte die gleiche Beleuchtungsstärke (Lux) wie eine 54 W Leuchtstofflampe. Darüber hinaus sind LED besonders langlebig und reduzieren damit auch den Wartungsaufwand. Im Innenausbau werden außerdem lösungsmittelfreie, wässrige Polyurethan-Bodensysteme von Shanghai Nature Building Materials Co., Ltd. eingesetzt. Diese sind besonders robust, chemikalienbeständig und bieten durch ihre Elastizität einen hohen Gehkomfort.
Energieneutral dank Photovoltaik
Eine leistungsstarke 66 kW Photovoltaikanlage von Kyocera erzeugt mit ca. 80,35 MWh/a etwas mehr Strom als das Gebäude übers Jahr in Summe verbraucht – so ergibt sich unterm Strich ein Netto-Null-Energie-Verbrauch. Überschüssige Energie in besonders sonnenreichen Zeiten wird in der benachbarten Bayer-Produktion genutzt.
Integrierte Planung, kontinuierliche Überprüfung
Dank einer ganzheitlichen Planung und eines durchdachten Gesamtkonzepts des EcoCommercial Building Programms werden sich die Baukosten in wenigen Jahren amortisiert haben. Um den Energieverbrauch zu optimieren, wurden die modernsten Technologien der Netzwerkpartner unter anderem für Heizung, Kühlung, Beleuchtung, Warmwasser und Lüftung intelligent kombiniert. Auch bei der Zertifizierung nach LEED hat das ECB unterstützt und beraten. Ein in Echtzeit arbeitendes Energieüberwachungssystem zeichnet kontinuierlich die Energiebilanz des Gebäudes auf. So lassen sich einzelne Parameter überprüfen, gegebenenfalls nachjustieren und feststellen, ob das angestrebte Netto-Null-Energie-Konzept auch tatsächlich erreicht wird.
Weitere Informationen: www.ecocommercial-building-network.com