Meditationspavillon bei Garmisch-Partenkirchen
(in: BAUKULTUR 3_2019, S. 22-23)
Das Planungsteam Kengo Kuma AA Tokyo und STUDIO LOIS Innsbruck hat in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen einen Pavillon mitten im Wald erstellt. Weder Straßen noch Kahlstellen erinnern an einen Bauprozess. Der sensible Umgang mit dem Ort hinterließ keine Narben in der Natur. Es scheint, als sei der Solitär auf eine Lichtung zwischen den Bäumen „gezaubert“ worden.
Geschlossenheit und Öffnung
Das Gebäude mit einer Grundfläche von 18 x 8 m wirkt wie eine geschlossene, hölzerne Hülle. Kurze, sich steil auffaltende Holzbretter bilden einen dichten, schützenden Rahmen. Die Brettschlichtungen werden länger und loser, und das Gebäude gewinnt an Transparenz. Der große Meditationsraum ist rahmenlos zum Wald hin verglast, das Dach scheint zu schweben. Eine große Schiebetür verbindet das Innere mit der Umgebung, der Waldboden fließt bis an die Glasfassaden heran. Der zweite Aufenthaltsraum im Pavillon, der Teeraum, orientiert sich zur Hangkante hin. Die Bäume sind hier dichter, der Wald ist dunkler, das Gelände steil abfallend. Meditiert wird in der gebauten Umgebung von ca. 1.600 aufgefalteten und in 20 vertikalen Reihen diagonal angeordneten Tannenbrettern. Die Brettschlichtungen folgen einem Rhythmus: Kurz und eng gefaltet schützen sie den Besucher, ähnlich verschränkter Hände. Die Öffnung zur Waldlichtung erfolgt sanft durch längere und fließend angeordnete Bretter, die sich in transparente, rahmenlose Glasflächen auflösen.
Materialien
Das Innere des Gebäudes spiegelt die Außenschlichtung der Hölzer wider, das innere Raster entspricht exakt dem äußeren. Der Hohlraum des aufgefalteten Daches ist gefüllt mit abhängten, dem Diagonalraster folgenden Tannenbrettern. Dieses Holzvolumen gibt dem Raum mit seinen Glaswänden die akustische Dämpfung. Bodenplatte und Gebäudekern bestehen aus Ortbeton. Die Dachflächen aus massivem Konstruktionslagenholz sind als Zeltdach konstruiert, eine Auffaltung bildet ein Oberlicht aus. Für die Dacheindeckung kamen Zinkmetallschindeln zum Einsatz. Regenwasser fließt direkt auf den Waldboden. Die Sanitärbereiche sind mit Holzstulpschalung in Tanne ausgekleidet. Alle Türen und der gesamte Boden bestehen aus Holz. Mit diesem Rohstoff aus der direkten Umgebung wird nach Bedarf geheizt.
Handwerk und Logistik
Das Projekt ist eine Hand-in-Hand-Kombination aus Zimmermannsarbeit und Schreinerarbeit. Die Vorbereitung und der exakte Einbau vor Ort erforderten präzise Handwerkskunst und enorme Logistik. Sämtliche Bauteile, wie z. B. Dachplatten, Tannenbretter oder Stahlteile, wurden dreidimensional konstruiert und werkseitig mit Transportmaß vorgefertigt. Alle Oberflächen sind naturbelassen, die Innenbretter geschliffen, die Außenbretter gehobelt. Die Außenhaut wird mit ihrer zukünftigen Patina wohl wieder den Nachbarbäumen im Wald ähnlich werden.