Bespannte Fassaden

(in: BAUKULTUR 4_2019, S. 26-27)

Textilien bieten vielfältige Möglichkeiten, um Fassaden zu prägen und einem Gebäude ein Gesicht zu verleihen. Dabei haben Lichtdurchlässigkeiten und geometrische Formen Einfluss auf das Erscheinungsbild.

Neubau eines Verwaltungs- und Laborgebäudes
Bei dem Projekt Innovation Center Heraeus in Hanau von Planquadrat Elfers Geskes Krämer wurde ein klarer geometrischer Gebäudekörper mit Innenhöfen umseitig mit einer weißen Bespannung versehen, die auf Anhieb nicht unbedingt als gespanntes Textil wahrgenommen wird.

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Je nach Lichtsituation wirkt das Gewebe aufgrund der Reflexion von direktem Sonnenlicht monolithisch-opak, oder – im Streiflicht und besonders im Schatten ganz ohne direktes Auflicht – leicht transparent, und die dahinter liegende Glasfassade schimmert durch. Die nahezu unauffälligen Aluminiumrahmen mit der integrierten Tuchaufnahme nehmen sich optisch zurück, und die Gliederung der Fassade erfolgt ausschließlich durch die horizontalen Decken und die vertikalen Öffnungen zwischen den bespannten Flächen. Durch die hohe Lichttransmission des PVC beschichteten Polyester-Gittergewebes mit 22 % Öffnungsanteil entstehen lichte Innenräume; die Textil überspannten Fensterflächen werden verschattet und ermöglichen so ein gutes Raumklima.

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Das Innovation Center Heraeus zeigt eine großzügige Raumwirkung mit Bezug zum städtischen Kontext. Sollte nutzerseitig eine bessere Durchsicht der Bespannung von innen auf das Umfeld gewünscht sein, so könnte das Meshgewebe auch zweifarbig ausgeführt werden: In einem solchen Falle wäre die Gewebe-Außenseite z. B. weiterhin weiß, aber im Gegensatz dazu würde eine dunkel bedruckte Innenseite die Durchsicht vor allem in den Abendstunden erleichtern, da die raumseitige Reflexion bei eingeschalteter Beleuchtung minimiert wäre. Bei dem Projekt wurde auf ein hochfestes Gewebe (Type II, schwer entflammbar, nicht-brennend abtropfend, B1 gem. DIN 4102) zurückgegriffen, welches der Hersteller anstelle der standardmäßigen 3,00 m Rollenbreite in 3,60 m liefern konnte. Dabei ist festzustellen, dass gerade im Fassadenbereich die bei Herstellern typischen Rollenbreiten bis 3,20 m oftmals nicht ausreichen, um ohne zusätzliche Schweißnaht die Flächen zwischen den Ebenen zu bespannen. Das durch den Konfektionär/Fassadenbauer verwendete Profil verfügt über eine Spannvorrichtung, sodass die mit einem Keder im Hohlsaum versehenen Gewebezuschnitte umlaufend geführt und mit der notwendigen Vorspannung versehen werden konnten.

Sanierung einer Sporthalle
Als weiteres Beispiel für ein markantes, individuelles Erscheinungsbild mit Textil dient die im Zuge einer Sanierung erstellte Fassadengestaltung der Sporthalle im südhessischen Obertshausen. Vor der vorgehängten Betonfassade aus den 1970er Jahren wurde mithilfe eines aufgespannten Gewebes eine Tuchebene geschaffen, deren Strenge spielerisch mit runden Ausschnitten aufgebrochen wurde.

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Das Konzept von Architekt Alfons Tamburro sah eine heitere Wandgestaltung mit 13 kreisrunden Durchbrüchen unterschiedlicher Durchmesser vor. Die auch im Innenraum zur Anwendung gebrachten Gymnastik- und Ballsport-Motive werden durch die unregelmäßig gelochte Membrane akzentuiert. Nachts gewinnt die Malerei an den Wänden durch die Beleuchtung im Zwischenbereich zum Tuch zusätzlich an Tiefe. Die Herausforderung lag in der faltenfreien Erstellung der Tuchfläche. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, das in einem Stück konfektionierte Tuch an den Rändern durch Spannprofile in sehr kleinen Abständen spezifisch an die unterschiedlichen Durchmesser anzupassen und aufzuspannen.

Meess Sporthalle 2

Der Montagezustand zeigt, dass die Kreisausschnitte aus Aluminiumprofilen nachgebildet und zusammen mit den notwendigen Aussteifungen an die vorgehängte Unterkon-struktion aus Stahl geschraubt wurden. Ein Rahmen aus Aluminiumblech fasst den Zwischenraum zur Wand ein, er bildet umlaufend den Abschluss und verdeckt geschickt Teile der notwendigen Unterkonstruktion.

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