BAUKULTUR 4_2014: Editorial

Prof. Dipl.-Ing. Christian Baumgart, DAI Präsident
(in: BAUKULTUR 4_2014, S. 3)

Liebe Leserinnen und Leser,
verehrte Freunde der Baukultur,

alles nur Fassade? Mitnichten. Zeitgemäße Fassadengestaltung hat nichts mit jenen berühmt-berüchtigten Kulissen des Feldmarschalls und Reichsfürsten Grigori Alexandrowitsch Potjomkin zu tun. Fassaden sind in Städtebau und Architektur weit mehr als nur Gebäudehüllen oder Oberflächen. Nachhaltiger Städtebau und ortsbezogene aussagekräftige Architektur – damit Baukultur im wahrsten Sinne – haben maßgeblich mit einem attraktiven Erscheinungsbild zu tun. Die Fassade ist erster Eindruck, damit gewissermaßen Gesicht eines Bauwerks. Gründe genug für eine Zeitschrift wie die BAUKULTUR, dieses zu thematisieren.

Bekanntermaßen werfen große Ereignisse ihre Schatten voraus. In diesen Tagen beginnt in Venedig die 56. Architekturbiennale, auf der sich insgesamt 40 Länder baukulturell, vielleicht könnte man auch sagen „mit ihrem Architekturgesicht“ präsentieren. Das Motto des in diesem Jahr von Rem Koolhaas kuratierten Architekturfestivals lautet „Fundamentals“. Damit verbindet Koolhaas die Grundelemente der Architektur, die physischen Substanzen: das Fundament, den Boden, die Wand, die Decke, das Dach. Aus diesem Blickwinkel ist natürlich auch die Fassade fundamentales Element der Architektur. Sie stellt die äußere Verkleidung eines Gebäudes dar, schützt und umhüllt es und verleiht ihm dadurch erst Charakter. Die Fassade leistet einen essenziellen Beitrag zum Erscheinungsbild unserer gebauten Umgebung, ihre Funktionen sind mittlerweile jedoch sehr vielfältig. Speziell im Fokus steht die Konzeption nachhaltiger energieeffizienter Fassadensysteme, die heutzutage in immer mehr Neubauten, aber auch bei Sanierungen und Umgestaltungen im Bestand Berücksichtigung finden.

Seitens des DAI freuen wir uns, dass diese Ausgabe unserer BAUKULTUR maßgeblich in Zusammenarbeit mit unserem Kooperationspartner, dem Fachverband für Baustoffe und Bauteile für vorgehängte hinterlüftete Fassaden (FVHF), möglich war. Der Verband und sein gleichlautendes Fachportal liefern viele eindrucksvolle Beispiele für technisch machbare und ästhetisch hochwertige Lösungen in der zeitgemäßen Architektur.

Ein weiteres bevorstehendes Großereignis ist – zumindest indirekt – mit unserem Titelthema verbunden: Im Juni beginnt die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien, einem wunderbaren Land voller Gegensätze und durchaus nicht ohne Probleme, wie wir leider aktuell täglich aus den Nachrichten erfahren. Im vergangenen Jahr führte die internationale Fachexkursion des DAI zu architektonischen Höhepunkten des Landes. Während sich damals die Weltmeisterschafts-Spielstätten noch in der Bauphase befanden, bieten Rio de Janeiro, Sao Paolo oder Salvador heute imposante Stadien mit jeweils eigenständiger Architektursprache. Damit wird in Brasilien eine lange Tradition fortgeführt, nicht zuletzt begründet durch den Ende 2012 verstorbenen großen Architekten Oscar Niemeyer. Er war Wegbereiter der modernen brasilianischen Architektur, seine Gebäudeentwürfe für die Hauptstadt Brasilia wurden 1987 durch die Aufnahme der Stadt ins UNESCO-Weltkulturerbe ausgezeichnet.

Ebenfalls in dieser BAUKULTUR finden Sie Programm und Anmeldemöglichkeit zum diesjährigen DAI Tag, der vom 26.–28.9.2014 in Augsburg stattfinden wird. Bitte nutzen Sie schon heute die Gelegenheit, sich zu dieser wichtigen Veranstaltung anzumelden. Die Kollegen des SAIV Augsburg mit dem Vorsitzenden Eberhard Wunderle an der Spitze haben sehr viel Zeit und Mühen investiert, ein attraktives Programm zu organisieren. Konversion-Mobiliät-Wasser, das sind die drei Schlagworte, unter denen sich uns das moderne Augsburg präsentieren wird. Mehr dazu erfahren Sie in der nächsten Ausgabe, der „augsburgerBAUKULTUR“.

Beim Stichwort Augsburg, einer Stadt, die durchaus prototypisch für die Idee der europäischen Stadt steht, gestatten Sie mir einen kurzen Blick auf die Wahl zum europäischen Parlament im Mai diesen Jahres. Die europäische Union, in der Europa gewissermaßen seinen organisatorischen und institutionellen Niederschlag findet, ist das Gesicht unseres Kontinents. Um im Bild zu bleiben: Es ist eine Fassade mit entsprechender Substanz, auch wenn mitunter berechtigte Kritik vorgebracht werden mag. An der Fortführung der europäischen Idee als Friedens-, Verständigungs- und Wertegemeinschaft führt aus meiner Sicht kein Weg vorbei. Und nicht zuletzt: Was wäre Europa ohne sein baukulturelles Erbe, aber ebenso seine baukulturelle Kreativität der Gegenwart?

Bleiben Sie interessiert und – nicht zuletzt durch den DAI und die Architekten- und Ingenieurvereine – baukulturell informiert.

Ihr
Prof. Dipl.-Ing. Christian Baumgart
DAI Präsident

 

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