Licht-Theater

Interaktive Lichtinstallation "Teatro Del Mondo"
(in: BAUKULTUR 2_2015, S. 26-27)

Anlässlich des Lichtkunstfestivals GLOW, Forum for Light in Art and Architecture, war im November 2014 in Eindhoven unter dem Motto "City in Motion" eine Licht- und Tuchinstallation von Ali Heshmati und Lars Meeß-Olsohn zu sehen. Das einwöchige Event hatte deutlich mehr als 500.000 Besucher angezogen.

Nach der Einladung 2008 wurden Ali Heshmati und Lars Meeß-Olsohn 2014 erneut angesprochen, einen künstlerischen Beitrag für die 9. Ausgabe des etablierten Lichtkunstfestivals beizusteuern. Eindhoven ist seit 1870 durch die Streichholz-Produktionsstätten wie auch durch die späteren Glühbirnen-Fabriken als „Stadt des Lichts" bekannt.

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Die visuelle und akustische Inszenierung lud die Festivalbesucher zum Betreten ein und machte sie zu Akteuren in ihrem eigenen Stück

Interaktive Installation
Die interaktive Installation „Teatro Del Mondo" bildete im Zentrum von Eindhoven eine Station auf einem „Lichtpfad" von Arbeiten renommierter, internationaler Lichtkünstler. Inmitten des urbanen Lebens entstand ein "Stadtraum" aus Gerüst- und Tuchstrukturen, ein temporärer Ort, ein Theater, das mithilfe der visuellen und akustischen Erscheinung die Besucher zu Akteuren in ihrem eigenen Stück machte.
Das städtische Leben und seine kulturellen Veranstaltungen bilden die Grundlage der Architektur und des Theaters. Architektur ist mehr als eine Bühne, sie spielt eine aktive Rolle im kulturellen Zusammenleben und beeinflusst die Dynamik der Stadt. Das Projekt stellte ein Überdenken des klassischen Theaters als architektonischen Typus und den öffentlichen Platz als Bühne für kulturelle Erfahrungen dar. Hierzu wurde eine theaterähnliche Installation auf dem Marktplatz errichtet, um die Handlungen der Besucher und deren spontane Interaktionen zu beobachten, und um zu prüfen, wie sich ständig verändernde Ereignisse auf das Leben und die Bedeutung des Platzes auswirken.

Spiegel des kulturellen Lebens
Maßstab, Material und auch die endgültige Form dieser Installation waren weniger ortsspezifisch denn archetypisch. Das 27 x 12,5 x 10 m große Gerüst ermöglichte die gewünschte provisorische Struktur, und das raumabschließende Textil definierte das Volumen der dreidimensionalen Intervention. Licht, Ton, Farbe, Stoff und Projektion spielten wichtige Rollen in diesem Theater, aber die Öffentlichkeit und deren Interaktion blieben im Mittelpunkt des Projekts. So gab es weder Schauspieler noch Performance-Künstler; das Geschehen entwickelte sich ohne Vorgabe als Improvisation innerhalb des vorgegebenen Rahmens. Die interaktive Bühne des Teatro Del Mondo wurde zum Spiegel des kulturellen Lebens und folgte dem Thema der Organisatoren von „City in Motion": The public are challenged to not just look, but to really see and experience intensely.

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Das Gerüst bildete die gewünschte provisorische Struktur, und das raumabschließende Textil definierte das Volumen der Intervention

Semitransparente Grenzen
Ein Anspruch bestand darin, die bauliche Umsetzung mit möglichst wenigen, vorhandenen oder wieder verwendbaren Materialien durchzuführen. Daher bot sich der Einsatz von Gerüst und technischen Textilien an. In Bezug auf die konzeptionelle Interaktion und Verflechtung der Gesellschaft wurde die Tragkonstruktion mit 1.400 m² offenmaschigem TF400 Gewebe bespannt. Ausgebildete Kletterer verwoben die horizontalen und vertikalen Tuchbahnen untereinander und mit dem Gerüst. So entstand ein von allen störenden Bauteilen befreiter Innenraum von 23 m Länge, 8 m Breite und 8 m Höhe, dessen semitransparente Begrenzung erahnen ließ, welche Aktivität im Inneren stattfand.

Perfekte Projektionsfläche
Das durchgehend zweilagig verarbeitete "Makro-Gewebe" ermöglichte je nach Lichtsituation ein gewisses Maß an Durchsicht für Außenstehende, bot aber auch eine perfekte Projektionsfläche für die LED- und Laserinstallation. Beim näheren Hinschauen ergab sich darüber hinaus ein Moiré-Effekt in der Durchsicht, der durch den Abstand der Gewebelagen von etwa 10 cm entstand. Die linearen LED-Wallwasher waren am oberen Abschluss der Fassadenbespannung umlaufend installiert und strahlten nach unten ab. Im Gegensatz zur äußeren Erscheinung mit seiner diffusen, bewusst sichtbar gehaltenen Gerüststruktur definierte ausschließlich die Struktur der verwebten Gewebebahnen das Innere der Installation. In diesem unerwartet großzügig und licht wirkenden Innenraum generierten LED-Strahler mit breiten Öffnungswinkeln in Sound-to-light-Auslegung wechselnde Lichtstimmungen in Abhängigkeit zur Soundinstallation. Im Anschluss an die große Podest- und Treppenanlage wurde Nebel eingeblasen, sodass das atmosphärische, farbige Licht noch stärker in den Raum hineingetragen werden konnte. Um die gewünschte Interaktion der Besucher anzuregen, wurden mehrere 3 m hohe Leinwände auf dem Podest angebracht und auf beiden Seiten jeweils in gewissem Abstand leistungsstarke Linienlaser aufgestellt. Diese warfen ein grünes Linienraster auf die Leinwände, und die Besucher erzeugten beim Durchschreiten der Strahlen Schatten auf den Leinwänden. Auf diese Weise konnte eine berührungslose Interaktion auf beiden Seiten stattfinden, indem die Schatten miteinander tanzten.

Projektdaten

Auftraggeber: GLOW Eindhoven
Entwurf: Ali Heshmati, Laboratory for Environments, Architecture & Design, und Dr. Lars Meeß-Olsohn, Atelier leichtbaukunst
Gewebe: Mehler Texnologies GmbH, Hückelhoven
Montage: ICS Vertical GmbH, München
Soundinstallation: Andreas Pasieka, Moers

Genderhinweis
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