Kultur in der Scheune

Sanierung eines Hofguts in Rottendorf
(in: BAUKULTUR 6_2018, S. 18-19)

Das Gut Wöllried der Familie Roth in Rottendorf mit seiner annähernd 800-jährigen Geschichte soll durch ein ganzheitliches Konzept bis 2030 revitalisiert werden. Es wird sich mit seinen überwiegend denkmalgelisteten Gebäuden neben der landwirtschaftlichen Nutzung und den dafür notwendigen Bauten intensiver, weitergehender und öffentlicher darstellen. Die Planung erfolgt durch das Architekturbüro HAAS + HAAS Architekten Ingenieure aus Eibelstadt.

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Neben der Festscheune ist im Hof auch die historische Brunnenanlage saniert worden (Foto: Gut Wöllried Veranstaltungs GmbH, Ralf Kuhn)

Das Hofgut
Der historisch bedeutsame Hof, dessen erste urkundliche Erwähnung aus dem Jahr 1230 stammt, hat eine bewegte Geschichte. Sowohl als Gerichtsstätte als auch als autark geführtes Siechenhaus für Leprakranke sowie als landwirtschaftliches Mustergut sorgte er in der jeweiligen Zeit für Aufsehen. Nach einem jahrzehntelangen Dornröschenschlaf präsentiert er sich heute wieder als führender landwirtschaftlicher Betrieb und Standort innovativer Unternehmen. Erste Gebäude sind bereits saniert und wieder einer Nutzung zugeführt. Weitere Bauabschnitte stehen noch an. Die denkmalgeschützten Gebäude wurden mit viel Liebe zum Detail saniert, die alte Scheune als Veranstaltungsstätte einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im „Alten Speicher“ sind innovative Graphikdesign- und IT Betriebe angesiedelt. Eine traditionelle Schuhmacherei verbindet auch handwerklich Altes und Neues.
Auf dem Gelände des historischen Gutes Wöllried wird ein Zentrum für Kultur, Gastronomie, regionale Produkte, traditionelles Handwerk, innovative Dienstleistung mit überregionaler Bedeutung entstehen. Die Planung und Realisierung erfolgte in Kooperation zwischen Eigentümer (Bau), Betreibergesellschaft (Einrichtung, Betrieb) und Projektkreis (Kulturprogramm). Die Betreiberin der Scheune agiert selbst als Kultur- und Gastronomieveranstalter und stellt die Location für andere private und öffentliche Veranstalter bereit. Das geplante Kulturprogramm erfordert professionelle Einrichtung, um auch namhafte Künstler zu Auftritten zu motivieren und entsprechende Besucherzahlen realisieren zu können.

Nutzungskonzept
Das Herrenhaus dient nach der Sanierung als Wohnhaus des Gutsbesitzers mit Nebengebäuden für die Verwaltung des landwirtschaftlichen Betriebes. Der „Alte Speicher“ fügt sich durch Sanierung ins historische Bild ein, ist aber mit modernen Stilelementen wie ganzseitig verglasten Gauben und vollverglasten Eingangsöffnungen versehen. Die barocke Gartenanlage wird sukzessive wiederhergestellt, der historische Brunnen ist bereits wieder frei gelegt.
Im kommenden Bauabschnitt wird das Kernstück des Gutshofes mit zu sanierenden Bestandsgebäuden und Erweiterungsbauten für ein Hotel mit Tagungslocation umgenutzt. Historische Stilelemente und moderne Applikationen treffen sich mit traditioneller Materialität. Weitere Nebengebäude dienen als Lager, Flächen für Kleingewerbe, Büroflächen oder Energiezentrale. Die Produkte des Hofes und der Region werden zukünftig in einem Hofladen und einer angrenzenden Weinstube mit Vinothek angeboten.

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Die alte Scheune wurde mit viel Liebe zum Detail als Veranstaltungsstätte einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht (Foto: Gut Wöllried Veranstaltungs GmbH, Ralf Kuhn)

Kultur- und Festscheune
Die Festscheune, eine umgenutzte Lagerscheune, bietet mit 280 m² und 14 m Deckenhöhe ausreichend Raum für kulturelle wie auch private Veranstaltungen. Hier finden z. B. „Bauerntheater“ oder Konzerte statt, aber auch Hochzeiten, Geburtstage und Firmenevents. Das dazugehörige, direkt angrenzende Foyer eignet sich durch seine großzügige Bar besonders für weitere Festlichkeiten und Empfänge sowie Kochevents. Das historische Gemäuer mit seinem freigelegten Gebälk bietet ein einmaliges Ambiente mit gleichzeitig allen modernen Annehmlichkeiten und Eventtechnik.

Ulrichsaal
Der neu errichtete Ulrichsaal ergänzt das historische Gemäuer durch zeitgemäße Elemente. Ihn prägen seine Helligkeit und der Blick ins Grüne. Durch modernste Technik eignet sich der Ulrichsaal besonders für Tagungen und produktive Arbeitsgruppen. Aber auch private Feierlichkeiten finden hier statt, nicht zuletzt wegen der schönen und großzügigen Außenterrasse. Bei entsprechender Bestuhlung bietet sich die Möglichkeit, Platz für bis zu 130 Personen zu schaffen.Der Erweiterungsbau wurde in nachhaltiger Holzbauweise puristisch als begrünter Flachdachbau in Richtung Wald errichtet. Konsequent mit Holzfaser gedämmt bietet er ein angenehmes Raumklima.

Baustoff Holz
Natürlichkeit und Effizienz waren für den Bauherrn und Architekten ausschlaggebend, um sich für eine Dämmung aus Holzfasern bei Dach und Erweiterungsbau zu entscheiden. Der natürliche Dämmstoff wird aus frischem und unbehandelten Nadelholz aus nachhaltiger Forstwirtschaft hergestellt, das überwiegend bei der Waldpflege anfällt. Ein Kilo Holzfaserdämmstoff entlastet die Atmosphäre um rund 1,2 kg CO2, zudem sind Holzfaserdämmstoffe extrem langlebig und robust. Ein weiterer Vorteil des Materials liegt beim sommerlichen Wärmeschutz. Besucher und Beschäftigte sollen vor Kälte als auch vor sommerlicher Hitze geschützt werden. Hier bewährt sich der Baustoff Holz durch sein hohes Eigengewicht und seine Rohdichte bestens. Im Sommer kann auf den Einsatz von Klimaanlagen weitestgehend verzichtet werden, auch ein Aspekt der Effizienz und Reduzierung des Einsatzes technischer Anlagen.

In Planung
Das Raumprogramm wird ergänzt durch ein Hotel mit ca. 77 Doppelzimmern und Suiten. Dieser Neubau fügt sich ins Hofbild im östlichen Teil des Gutes ein und stärkt das kulturelle und gewerbliche Konzept. Hier kann man, bestens vernetzt und mit bester Verkehrsanbindung, im historischen Umfeld tagen, schulen und parallel einen Einblick in landwirtschaftliche Betriebsabläufe gewinnen. Die Umsetzung soll bis zum Jahre 2021 erfolgen.

Genderhinweis
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