Die natürlichen Ressourcen werden immer knapper – wie sich vorhandene Rohstoffe nachhaltig in das Bauwesen einbinden lassen, zeigt das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) auf der Bundesgartenschau 2019 (BUGA) in Heilbronn.
Studierende, Forschende und Lehrende der KIT-Fakultät für Architektur haben einen Pavillon aus wiederverwendeten und -verwerteten Materialien entworfen und realisiert. Er ist Teil des Mehr.WERT.Gartens, eines gemeinsamen Projektes des baden-württembergischen Umweltministeriums und der Entsorgungsbetriebe der Stadt Heilbronn. „Wir haben die Chance genutzt und auf der BUGA Heilbronn einen Pavillon geschaffen, der anschaulich zeigt, welche Ressourcen sich in unserem Abfall verbergen, gerade für den Bausektor“, so Minister Franz Untersteller zum Projekt.
Der Pavillon zeigt den innovativen und sinnvollen Einsatz recycelter Ressourcen: Alle im Projekt eingesetzten Materialien haben bereits mindestens einen Lebenszyklus durchlaufen und sind nach dem Rückbau des Pavillons wiederum komplett trennbar, es kommen keinerlei Klebstoffe, Schäume, Anstriche oder sonstigen Imprägnierungen zum Einsatz. „Nachhaltige Architektur muss attraktiv und relevant sein. Gerade im Bauwesen ist ein Umdenken möglich, denn hier können wir heute schon die Kreislaufwirtschaft etablieren. Wir müssen es nur wollen und tun“, sagt Dirk E. Hebel, Professor für Nachhaltiges Bauen am KIT.
Beim Bau des Pavillons nutzte das Team verschiedene Stoffkreisläufe für Struktur, Fassade, Boden und Innenausstattung: Die tragende Struktur ist komplett aus Stahl gefertigt, der größtenteils aus einem zurückgebauten Kohlekraftwerk in Nordrhein-Westfalen stammt. „Neben einer genauen Sichtprüfung zur Feststellung möglicher Beschädigungen der Elemente haben wir den Stahl gemeinsam mit den fakultätseigenen Laboren und der Versuchsanstalt für Stahl, Holz und Steine am KIT auf seine Zugfestigkeit, Elastizität, Widerstandsfähigkeit und chemische Zusammensetzung untersucht“, erläutert Karsten Schlesier, der am Fachgebiet für Nachhaltiges Bauen am KIT forscht. Die Fassade besteht aus wiederverwertetem Glas, das zu zwei verschiedenen Baustoffen weiterverarbeitet wurde: Zum einen zu Glaskeramik aus geschmolzenem transparentem, weißem oder grünem Flaschenglas; zum anderen zu Schaumglas, einem leichten, aber stabilen Dämmmaterial.
Der Boden im Garten und unter dem Pavillon kombiniert verschiedene mineralische Materialien: Beton- und Ziegelbruch in verschiedenen Körnungen, Porzellanbruch, direkt wiederverwendete Klinkersteine und „WasteBasedBricks“, Backsteine aus mineralischem Bauschutt. Möbel und Einbauten sind aus diversen Kunststoffmaterialien hergestellt. Für den Tresen verwendeten die Architektinnen und Architekten recycelte Textilfasern aus weißer Baumwolle und Denim-Jeansstoffen, die Arbeitsplatte besteht aus wiederverwerteten Küchen-Schneidebrettern. Die Hocker und Stühle wurden dreidimensional aus Kunststoff-Hausabfällen gedruckt.
Der Entwurf ist ein Gemeinschaftsprojekt von Studierenden des KIT und den Fachgebieten Nachhaltiges Bauen (Professor Dirk E. Hebel), Tragkonstruktion (Professor Matthias Pfeifer) und Bautechnologie (Professorin Rosemarie Wagner). „Der Mehr.WERT.Pavillon bedient sich einerseits der bestehenden urbanen Mine, stellt aber gleichzeitig auch ein Materiallager dar, dessen Ressourcen nach der Bundesgartenschau wieder vollständig zur Verfügung stehen“, erklärt Felix Heisel, Forschungsverantwortlicher am Fachgebiet Nachhaltiges Bauen.
Weitere Informationen: Mehr.WERT.Pavillon